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Reiseberichte

Die Festung Germersheim

Reisebericht über die Besichtigung der Festung Germersheim am Tag des offenen Denkmals (9. 9. 2007)

Da ich die Festung als Gesamtsystem besser verstehen wollte, nutzte ich eine angebotene Führung, die ca. 150m außen vor dem Weissenburger Tor begann. Da ich nicht wusste, wie die Führung gestaltet werden würde, erschien ich in „voller Ausrüstung“, was die übrigen im Sonntagsstaat angetretenen Besucher wohl etwas verschreckt.

Am Treffpunkt befindet sich eine große Tafel mit einem sehr guten bunten Übersichtsbild mit Erläuterungstexten, die ich für den Start jedes Rundganges durch Germersheim empfehlen kann. Nach einer Einführung durch den Führer ging es an den Resten der Verteidigungsanlagen vor dem Weissenburger Tor vorbei durch das Tor hindurch und dann herunter in die Kasematte rechts vom Tor (Blick in Feindrichtung), die den Graben vor dem Tor frontal mit Gewehrfeuer und die benachbarte Grabenwehr der Fronte Lamotte flankierend mit Kanonenfeuer bestreicht.

Am alten Lazarettgebäude, an der Kommandantur und am Arrestgebäude vorbei gingen wir an der Resten der Carnot’schen  Mauer vorbei zum Zeughaus. Im Zeughaus und in der ihm vorgelagerten einstöckigen Grabenwehr befindet sich das Deutsche Straßenmuseum. Wir erhielten die Gelegenheit, einen kurzen Blick in die Anlage zu werfen.

Weiter ging es zum Ludwigstor, an dem sich ebenso wie am Weissenburger Tor der Aufbau einer Toranlage mit ihren Sperren und Feuerlinien studieren lässt. Im Ludwigstor befindet sich das Festungsmuseum, auf das ich später noch einmal zurückkommen werde.

Mit einem Blick in die Altstadt und auf den Kirchplatz ging es weiter zur Fronte Beckers, der besterhaltenen Anlage der Festung Germersheim. Sie entging bei der Entfestigung nach dem ersten Weltkrieg (aufgrund des Versailler Vertrages) der Zerstörung, da der Bitte der Stadtväter, einen begrenzten, aber typischen Teil der Festung aus stadthistorischen Gründen stehen zu lassen, entsprochen wurde. Die Fronte Beckers ist verschlossen und nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen.

Die Fronte Beckers stellt einen vollständig erhaltenen, repräsentativen Ausschnitt des Festungssystems dar. Vor dem feindseitig gemauerten Hauptwall mit seinen Kasematten und den Batteriestellungen mit Hohltraversen auf der Krone liegt eine Grabenwehr in Hufeisenform mit beidseitiger flankierender Wirkung entlang des Hauptwalls. Sie wird wiederum geschützt durch ein vorgelagerte Flesche mit kasemattiertem Wall und gemauertem Graben. Vom Graben aus erreicht man ein umfangreiches Minengangsystem unter dem früheren Glacis. Zum System der Flesche gehören Gebäude zur Flankierung des Grabens. Das Gesamtsystem ist ein mehrfach geschachteltes Verteidigungssystem: Der Hauptwall schützt die Stadt, die Grabenwehr den Hautwall, der Wall der Flesche die Grabenwehr, der Graben der Flesche den Wall der Flesche und die Minengänge das Vorfeld.

Die Anlage konnte im Rahmen der Führung weitgehend begangen werden. Leider war der Führer eher ein Kunsthistoriker (wie man bei der Kirche in der Altstadt merkte) als ein Festungshistoriker. Fragen aus dem Publikum zum Sinn der Erddeckung und zur Bedeutung des Begriffs „Bombe“ vor dem 20. Jh. konnte er nicht beantworten. Das habe ich dann übernommen. Die „volle Ausrüstung“ hat sich übrigens spätestens in den Minengängen bewährt!

Von der Fronte Beckers gingen wir an der Seysselkaserne vorbei (heute Uni Mainz) zur Fronte Lamotte, wo neben einem Bronzemodell der Festung auch noch Reste der Verteidigungslinien vor dem Hauptgraben vorhanden sind, so ein Reduitgebäude. Vor dem Weissenburger Tor endete die Führung.

Meine nächste Station war das Festungsmuseum im Ludwigstor. Zentrales Exponat und sehr wichtig zum Verständnis der Festung ist ein Festungsmodell, welches dank einer geschickten Beleuchtung sogar sehr gut durch das Glas fotografiert werden kann. Mann kann hier alle Anlagen der historischen Festung in Ruhe studieren und ihr Zusammenwirken erkennen. Auch kann man hier „Angreifer“ spielen, indem man mit den Augen auf das Geländeniveau heruntergeht. Der verblüffende Effekt: Die Festung ist plötzlich fast vollständig verschwunden! Geht man dann wie mit einem Fesselballon langsam nach oben, wird die Festung plötzlich sichtbar und der Sinn dieses alten Beobachtungsmittels unmittelbar klar.

Die Gebäude im Hauptwall werden durch Schnittmodelle für den Betrachter sehr schön erschlossen, eine Vielzahl alter Karten ergänzt die Ausstellung.

Eine kleine Waffensammlung sowie eine Fotoausstellung ergänzen die militärhistorischen Präsentationen im Museum. Daneben zeigt das Museum eine Vielzahl von Themen aus der Stadtgeschichte Germersheims, auf die ich hier nicht eingehen will.

Zusammenfassend bietet ein Tagesausflug nach Germersheim einen interessanten Einblick in den Festungsbau der polygonalen Epoche. Germersheim hat sich große Mühe gegeben, die noch verbliebenen Festungsteile zu erhalten und in einen historischen Kontext zu stellen. Einige Gebäude, die bis vor einigen Jahren noch zu aktiven Militäranlagen gehörten, warten allerdings noch darauf, aus dem Dornröschenschlaf erweckt zu werden.

Ich empfehle mindestens eine Führung durch die Fronte Beckers, die sonst nicht zugänglich ist. Termine für Festungs- und Stadtführungen ab dem Weissenburger Tor findet man unter http://www.germersheim.de/tourismus, hier findet man auch unter „Kulturszene“ die Öffnungszeiten des Stadt- und Festungsmuseums sowie die Zeiten der Festungsführungen, die am Mittelportal der Fronte Beckers beginnen. Das Deutsche Straßenmuseum bietet die Gelegenheit, in eine Grabenwehr hineinzukommen (http://www.deutsches-strassenmuseum.de).

 

Werner Schmachtenberg

Gustav-Heinemann-Str. 6

64347 Griesheim

Deutschland

 

Tel.: +49 6155 63502

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