Das Unbekannte liegt so nahe! Eine Reise entlang der westlichen polnischen Ostseeküste im Sommer 2012, Kolberg, 1
Bericht zur Exkursion der Fachgruppe VI (Maginotlinie) am 21.10.2012, 10
Neuigkeiten von der Maginotlinie, 11
Fachgruppe VIII – Touristik. Herbst–Studienreise nach Slowenien 2013, 13
Festungsprojekt „FORTE CULTURA“ – erfolgreiche Eröffnungsveranstaltung in Kostrzyn nad Odra, 14
Die BUND–Wanderausstellung „Grüner Wall im Westen“ machte Halt auf der Hornisgrinde, dem höchsten Berg des Nordschwarzwaldes, 15
BÜCHER FÜR DEN FESTUNGSFORSCHER, 16
– Vie et mort de l’ouvrage du Welschhof, L’histoire d’un ouvrage de la Ligne Maginot
– Le secteur fortifié de Maubeuge face à l’invasion de mai 1940
– Hochbunker in Frankfurt am Main
– Miasto i twierdza Kostrzyn nad Odra 1750–1850
– Dark Tourism. Faszination des Schreckens
– Zabytkom na odsiecz! Szlakiem grodów, zamków i twierdz
– Kasernen – Lazarette – Magazine. Gebäude hinter den Wällen
– Hitlers Tor zum Atlantik. Die deutschen Marinestützpunkte in Frankreich 1940–1945
– Fortifikazij Mista Brodi XVI–XVII
Erfolgreiche Buchvorstellung der Veröffentlichung „Die Marinegeschütze des Westwalls am Oberrhein“ in Ottenhöfen, 21
12 Jahre Museumsbunker Ro 1, Neckar–Enz–Stellung, 23
Tagung der Militärhistoriker und Festungsforscher Torgau/Elbe, 12. und 13. Oktober 2012, 24
Die letzten schweren Geschütze am Estrecho de Gibraltar – Drei Batterien bei Tarifa, 27
Das unbekannte liegt so nahe! Eine Reise entlang der westlichen polnischen Ostseeküste im Sommer 2012
Text und Bilder: Oliver Wleklinski
Es war für dieses Jahr (2012) vorgesehen, erstmalig im Sommerurlaub Polen zu bereisen – abgesehen von den Exkursionen anlässlich der Interfest-Jahreshaupt-versammlung 2011 in Swinoujscie/Swinemünde bzw. Międzyzdroje/Misdroy. Natürlich sollten militärhistorische Aspekte neben den üblichen Urlaubsaktivitäten nicht zu kurz kommen. Doch hier begann bereits das Problem. Da bisher die eigenen Aktivitäten schwerpunktmäßig in Richtung Atlantikwall ausgerichtet waren, gab es über diese Gegend kaum brauchbare Erkenntnisse. Auch Umfragen innerhalb der Interfest-Gemeinde und bei anderen Aktiven brachten zunächst nur wenig handfeste Ergebnisse. Die Recherche im Internet war insofern schwierig, weil man überwiegend auf polnischen Webseiten landete und die polnische Sprache ein erhebliches Hindernis darstellt. Doch Dank der beiden Internetseiten „www.festungkol-berg.prv.pl“ und „www.forum.eksploracja.pl“ konnten erste Kenntnisse gewonnen werden. Auf Emails an polnische Touristinformation entlang der Küste, um weitere Einzelheiten zu erfahren, gab es bis auf eine kurze Rückmeldung aus Ustka/Stolpmünde bedauerlicherweise keine Reaktionen. Schnell und hilfreich reagierte aber Miroslaw Huryn, der Betreiber des Museums im Aufbau auf dem früheren Seefliegerhorst Kamp. (www.fort-rogowo24.pl/4.html)
Ebenso konnte drei Tage vor Reisebeginn noch der Experte vor Ort Andrzej Ditrich wichtige Hinweise geben. So einigermaßen informiert, wurde dann die Reise angetreten und erstaunlicherweise die meisten Objekte und Ziele - wenn auch manchmal mit Hilfe des Zufalls - gefunden.
Was sollte man noch wissen, wenn man sich an der pommerschen Ostseeküste zwischen Kołobrzeg/Kolberg und Ustka/Stolpmünde bewegt ? Es gibt keine Autobahnen, aber die Hauptverkehrsstraßen sind, gerade nach der Fußballeuropameisterschaft 2012 in einem sehr guten Zustand. Die Qualität der Nebenstraßen liegt allerdings teilweise deutlich unter dem deutschen Standard. Gewöhnungsbedürftig ist ferner die risikobereite Fahrweise der Polen mit gewagten Überholmanövern. Viele Ortsdurch-fahrten und zahlreiche mobile sowie stationäre Geschwindigkeitskontrollen setzen die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit auf etwa 60 km/h herab. Sicheres Parken war nirgendwo ein Problem und Unterkünfte aller Art und Güte sind überall gut zu bekommen. Essen gehen, sofern man nicht auf Fastfood oder Pizza ausweichen will, ist schon eher mit Schwierigkeiten verbunden, aber kleine Kaufmannsläden haben lange und auch am Wochenende geöffnet und eigentlich findet man in jedem Ort an der Ostsee eine nette, kleine Fischbude mit hervorragend gebackenem oder geräuchertem, fangfrischem Fisch. Allerdings sollte man dazu in Besitz von ausreichend Bargeld sein, denn der Tausch von Euro-Scheinen in Złoty ist kein Problem, aber das Abheben von Bargeld am Automaten per EC-Karte hingegen schon. Und schließlich sollte man ein paar Brocken der polnischen Sprache beherrschen, denn außer in den Hotspots des touristischen Lebens spricht kaum jemand Englisch oder Deutsch. Doch nun zu den festungsspezifischen Erkenntnissen im Einzelnen.
Drei Fliegerhorste bei Kołobrzeg/Kolberg
Für (See-)Fliegerhorst-Interessierte findet man rund um Kołobrzeg/Kolberg drei nette Anlaufpunkte. Ca. 17 km westlich von Kołobrzeg/Kolberg stehen die Überreste von dem großen ehemaligen Seefliegerhorst Kamp – heute Rogowo. Das bis vor wenigen Jahren vom Militär genutzte und abgeriegelte Areal wird nun zunehmend für den Tourismus erschlossen und die historische Bausubstanz z.T. abgerissen, sich selbst überlassen oder renoviert und einer neuen Bestimmung zugeführt. Zwischen Straße und Binnensee hat sich ein riesiger Hangar des früheren Seefliegerhorstes erhalten. Dieser wird von einer kleinen Vereinigung namens „Fort Rogowo“ unterhalten und instandgesetzt. Im Inneren kann man am besten nach Voranmeldung (man spricht deutsch !) eine stetig wachsende Sammlung von kleineren und größeren Relikten des Fliegerhorstes sowie von Fahrzeugen und Flugzeugen aus der Zeit des Kalten Krieges besichtigen. Neben der Renovierung des Hangars und des Sammelns von weiteren Exponaten ist derzeit das größte und ambitionierteste Projekt die Bergung eines Flugbootes Dornier Do 24 aus dem direkt angrenzenden Kamper See, heute Jezioro Resko Przymorskie. Untersuchungen durch Taucher und die Bergung erster kleiner Einzelteile lassen einen guten Zustand des Wracks vermuten. Allerdings ist dieses Wrack mit einer tragischen Geschichte verbunden: Mehr als 70 Kinder starben am 5. März 1945, als das Flugboot, welches sie vor der heranrückenden Roten Armee in Sicherheit bringen sollte, in den See stürzte. Nachzulesen sind Geschichte und Projekt unter: www.kindervonkamp.de
Rund um den Hangar haben sich etliche Bauten des Fliegerhorstes erhalten und können oftmals zumindest von außen betrachtet werden. Etwa 300 m westlich des Hangars kann ein Bunker frei begangen werden, Zweck, Nutzer und Baujahr sind allerdings unbekannt.
Etwa 40 km östlich von Kołobrzeg/Kolberg stößt man im früheren Seebad Nest, dem heutigen Unieście auf eine ähnliche Situation. Auch hier wird ein langsam verfallender ehemaliger Seefliegerhorst wieder teilweise für den Tourismus revitalisiert, allerdings auch dort unter Verlust etlicher historischer Bausubstanz. Ebenso hat sich ein großer Flugzeughangar erhalten, der allerdings wegen fehlender Nutzung nicht zugänglich ist. Einen guten Eindruck gewinnt man aber von der Zufahrtstraße zur Personenfähre am Jezioro Jamno/Jamunder See, die die ehemalige Ablaufbahn für die Seeflugzeuge nutzt.
Orientiert man sich auf der schmalen Nehrung, auf der der Fliegerhorst errichtet wurde, 3 km weiter in Richtung Osten, erreicht man weitere Ruinen und Bunkerreste, denn das Dünenareal diente auch im Kalten Krieg als Basis für zahlreiche militärische Anlagen wie z.B. Küstenüberwachungsstationen oder die Raketenabschussbasis der 67. Raketenartilleriedivison für Flugkörper vom Typ S125 „Newa“ (NATO -Code: SA-3). Auch davon sind noch einige Reste und Bunkeranlagen wie z.B. der Kommandobunker der 231. Radarkompanie in den Dünen und Kieferwäldern erhalten, die mit aller Vorsicht frei begangen werden können.
Nur 7 km Kilometer östlich von Kołobrzeg/Kolberg kann man sich den ehemaligen Fliegerhorst Henkenhagen, der westlich des Badeortes Ustronie Morskie/Henkenhagen liegt, ansehen. Auch dieser Flugplatz war bis vor wenigen Jahren von der Roten Armee genutzt worden. Heute werden die Kasernenblocks als Wohnungen vermietet und im technischen Bereich hat sich Kleingewerbe angesiedelt. Größtenteils ist das Gelände frei zugänglich und es ist noch eine spannende Mixtur aus Wehrmachts- und russischen Bauten, darunter auch verbunkerte Flugzeughangars für die russischen Jets, in den verschiedensten Erhaltungszuständen zu sehen. Von der etwas weiter östlich liegenden ehemaligen Funkmeßstellung 1. Ordnung „Kondor“
der Wehrmacht im heutigen Dorf Gwizd/Quid haben sich nach der Beseitigung von einigen baulichen Anlagen nur noch wenige bzw. schwer auffindbare Relikte erhalten.
Festungsstadt Kołobrzeg/Kolberg
Doch zurück nach Kołobrzeg/Kolberg. Dieser wichtige, ehemals preußische Ostseehafen wurde bekanntermaßen 1945 erneut zur Festung erklärt und bei der mehrwöchigen Belagerung und Beschießung weitestgehend zerstört. So entdeckt man heute nur noch wenig alte Bausubstanz zwischen mehr oder weniger gelungenen Neubauten. Von den historischen Festungswerken sind neben dem Fort Münde nur noch die Salinen-Redoute und die Morast-Redoute leidlich erhalten. Von 1770 bis 1774 wurde Fort Münde in seiner jetzigen Grundstruktur nach französischem Muster an der Mündung des Flusses Parsęta/Persante erbaut und ist nun am Ausgangspunkt der Strandpromenade ein Touristenmagnet erster Klasse. 1832 bis 1836 wurde das Fort modernisiert, 1945 in den Kämpfen um Kołobrzeg/Kol-berg schwer beschädigt. Der ursprünglich neben dem Fort stehende, kriegszerstörte Leuchtturm wurde 1945 inmitten des ebenfalls schwer beschädigten Forts wiedererrichtet und beide Bauwerke bilden nun eine bauliche Einheit. Das Festungsbauwerk ist wieder rekonstruiert worden und beispielsweise im Rahmen einer ständigen Mineralien-ausstellung oder beim Besuch einer Taverne auch von innen zu besichtigen.
Auch die zwei anderen Redouten im Hafenbezirk der Stadt sind in der Regel begehbar, ebenso deren Reduits, wobei die Morast-Redoute am Jachthafen mittlerweile als durchaus gelungener Biergarten hergerichtet wurde. Die Morast-Redoute wurde ebenfalls zwischen 1770 und 1774 an der nördlichen Landzunge der Salzinsel am Zusammenfluss der Parsęta/Persante und des Holzgrabens - heute Kanal Drzewny - zum Zwecke der Hafenverteidigung errichtet. Die Salinen-Redoute wurde während der letzten Modernsierung der Festung Kolberg in den Jahren 1832 bis 1836 als Teil der Hafenverteidigung erbaut. Das Reduit soll sich früher unter einer Erdanschüttung verborgen haben, die Redoute an sich war mit einem Wall und Wassergraben umgeben, wovon sich heute noch große Abschnitte erhalten haben. Am Ostrand der Stadt liegen noch die spärlichen Überreste der 1807 errichteten Wolfsberg.
schanze, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Freilichtbühne umgestaltet wurde. Zwischen den Bretterbuden zahlreicher wilder Händler und durch den Baumbestand eines ungepflegten Parks hindurch kann man die Reste des Festungswerks umrunden und einen Blick auf Gräben, Wälle und einige wenige bauliche Relikte werfen. Von den anderen Festungsbauten sind nur noch vage Spuren vorhanden. Ein im Touristenbüro erhältlicher Faltplan gibt dazu einige Erläuterungen und weist einen 15 km langer Rundweg aus. Auch die ehemals wohl zahlreich vorhandenen kleinen Luftschutzbauten - vermutlich überwiegend Deckungsgräben - fallen zunehmend dem aktuellen polnischen Wirtschaftswachstum und dem daraus resultierenden Bauboom zum Opfer, so z.B. die Luftschutzbauten rund um die ehemaligen Torpedoschule, wo heute ein nagelneues Sportstadion jegliche Spuren getilgt hat.
Des Weiteren wird der militärhistorisch interessierte Reisende sicherlich das bekannte Militärmuseum Muzeum Oręża Polskiego/Museum polnischer Waffen im Herzen der Altstadt (www.muzeum.kolobrzeg.pl ) und eventuell am östlichen Stadtrand eine Art „Gebrauchtwagen- und -waffenhandel für allerlei militärische Hinterlassenschaften“ mit der etwas merkwürdigen Benennung „Bastion“-Centrum Atrakcji Wojskowych/„Bastion“-Zentrum militärischer Attraktionen (www.bastion-kolobrzeg.eu) aufsuchen.
Das Museum polnischer Waffen besticht durch seine umfassende Sammlung zur polnischen Militärgeschichte, wenn auch die Präsentation der Exponate und die didaktische Aufbereitung etwas altbacken wirkt und daher einige Wünschen offen lässt. Während die Räumlichkeiten Waffen, kleine Gerätschaften und Uniformen zeigen, sind im Freigelände Panzer, Flugzeuge und schwere Geschütze zu besichtigen. Es ist schon ein eigentümliches Bild, wenn man durch die Einkaufsstraße einer Großstadt schlendert und plötzlich auf ein großes Areal mit militärischem Großgerät stößt. Leider sind nur wenige Exponate vorhanden, die auf die frühere deutsche Geschichte abstellen.
Im Inneren des Museums ist ein Großdiorama inszeniert, in dem zahlreiche Relikte um ein 7,5 cm leichtes Infanteriegeschütz 18 drapiert sind. Weiterhin findet man ein Wrack einer Focke-Wulf Fw 190. Von einem 2011 bei Stargard-Kluczewo/Klützow (Pommern) nahezu komplett geborgenen Panzer IV sind leider nur einige wenige Kleinteile ausgestellt. Ebenso ist derzeit das (sicherlich etwas subjektiv betrachtet) absolute Highlight - das bei Kołobrzeg/Kolberg geborgene MG-Panzernest - nicht mehr zu sehen. Es soll sich in einer Restaurierungswerkstatt befinden.
Ersetzt wurde dieses tolle Exponat durch einen nicht sonderlich gelungenen Nachbau eines ortsfest eingebauten Pantherturms. Wer lieber ein originales Exemplar besichtigen möchte, sollte 100 km weiter westlich die Ostbatterie/Fort Gerhard in Swinoujscie/Swinemünde aufsuchen, wo seit Sommer 2012 der vor einiger Zeit bei Szczecin/Stettin geborgene Pantherturm präsentiert wird (http://www.fort-gerharda.pl/).
An der Ausfallstraße Richtung Osten liegt schließlich der unübersehbare „Supermarkt für Uniformen und Panzer“. Hier wird schnell die landestypische, unverkrampfte Einstellung zu militärischen Relikten deutlich. Mit dem nötigen Kleingeld und abgesehen von den Grenzübertritts-formalitäten o.ä. kann man hier alles von der Pak russischen Ursprungs, über riesige Laster der Marke Ural sowie Vier- und Achtrad-Spähpanzer der polnischen und russischen Streitkräfte bis hin zum T-55 erwerben. Die meisten Besucher beschränken sich allerdings auf eine kostenpflichtige Mitfahrt in einem der Kettenfahrzeuge oder kaufen die in einem riesigen Zelt angebotenen Second-Hand Ausrüstungs- und Uniformgegenstände aus aller Herren Länder.
Badeorte mit Geschichte
Der Hauptstraße von Kołobrzeg/Kolberg aus weiter in östlicher Richtung folgend tangiert man dann den aufstrebenden Badeort Ustronie Morskie/Henkenhagen. Wer hier zur Ortsmitte abbiegt und dort der Straße wieder in Richtung Osten folgt, kommt am Ortsrand an der polnischen Küstenbatterie BAS 31 „Wieniotowo“ vorbei, die sich im dichten Küstenwald beim früheren Dorf Alt-Wendhagen verbirgt. BAS steht für Baterie Artylerii Stałej, was in etwa „feste Küstenartillerie“ bedeutet. Nach Beendigung des 2. Weltkriegs bekam Polen Schiffsgeschütze aus Russland übereignet, so dass bis 1956 elf Küstenbatterien hauptsächlich in der Nähe von Hafenstädten oder Marinebasen mit 130 mm Geschützen, mit 100 mm Geschützen bzw. mit 152,4 mm Schiffsgeschützen ausgestattet werden konnten. Als das System am optimalsten entwickelt und ausgestaltet war, änderten sich die Pläne des Warschauer Pakts und ebenso die Waffentechnologie. Die Küstenverteidigung stützte sich von da an auf SA-2, SA-3 und SA-5 Lenkflugkörper. Seit Mitte der siebziger Jahre sind die verlassenen Batterien nur noch ein nutzloses Erbe alter Strategien und fast alle von ihnen sind mittlerweile begehbar. Leider werden sie mehr und mehr von illegalen Schrottdieben ausgeplündert und zerstört.
Auch bei der Stellung in Ustronie Morskie/Henkenhagen wird deutlich, dass auch die jüngere militärhistorische Vergangenheit in Polen einen größeren Stellenwert als in Deutschland besitzt. Direkt an der Straße findet man an der Zuwegung zur 1954 erbauten Batterie ein großes Hinweisschild mit entsprechenden Erläuterungen. Sie gehörte zur Truppeneinheit Nr. 1437 und wurde bereits 1961 in den Reservestatus überführt und in die Küstenverteidigungsflottille eingegliedert. Bis 1974 wurde die Batterie noch einsatzfähig gehalten, danach verblieb das Areal unter der Obhut der Militärs. Mit der Reduzierung der Marine wurde die Batterie BAS 31 freigegeben. Folgt man dann dem gepflegten Pfad in Richtung Strand, stößt man schon bald auf die westliche der insgesamt vier Geschützbettungen.
Alle vier Bettungen sind komplett begehbar, wobei nur an den beiden westlichen Exemplaren leichte Pflegearbeiten vorgenommen wurden, so dass die Bettungen und deren Zuwegungen ohne störendes Gebüsch sind. Die offenen Bettungen an sich bieten keine Überraschung, außer dass die betonierten Überdeckungen der Munitionsfahrstühle so schwach ausgefallen sind, dass sie heute zumeist abgebrochen und in den leeren Fahrstuhlschacht gestürzt sind oder bei der Demontage der Fahrstühle problemlos herausgebrochen werden konnten. Überhaupt sind auch die beiden Untergeschosse völlig ausgeräumt und nur noch mit etwas Schutt, Müll und Wasser gefüllt, aber im Prinzip begehbar.
Das in die Bettung passende 130 mm L/50 Geschütz vom Typ Marinekanone B-13 mit einer Kadenz von 6-10 Schüssen pro Minute konnte man schon zuvor im Militärmuseum in Kołobrzeg/Kolberg bewundern.
Am westlichen Rand der Batteriestellung steht auf einer hohen Düne der Hochleitstand, der ebenfalls begehbar ist, wobei der Aufstieg in den Leitturm über eine äußerst grob gezimmerte Holztreppe aus Sicherheitsgründen gut überlegt sein sollte! Bei der näheren Betrachtung der der Innenräume fällt die zuweilen sehr schlechte Betonqualität auf: hier und da wurden sogar ganze Tannenzapfen mit einbetoniert. Als Richtmittel standen das Standardradargerät ZALP-B und ein DM-4 Entfernungsmesser zur Verfügung. Das gesamte Gelände ist außerhalb der Wege und Pfade zumindest im Sommer kaum zu durchdringen. Daher stößt man nur auf einige wenige Peripheriebauten oder Kleinstunterstände.
Wenn man dann seine Fahrtroute weiter in Richtung Osten beibehält, erreicht man nach 28 km Fahrstrecke den bekannten Badeort Mielno/Groß Möllen. An dessen Westrand liegen in einem Küstenwaldgebiet zwei frühere deutsche Munitionsbunker, die angeblich 1940/41 erbaut worden sein sollen. Der gleiche Typ soll auch wenige Kilometer weiter östlich bei Łazy/Laase vorhanden sein. Diese Stellung wurde aber dieses Mal nicht angefahren. Ebenso sind zwei Bunker dieses Bautyps bei der Marineflakbatterie Pritter in Swinoujscie/Swinemünde vorhanden. Dieser Bautyp zeichnet sich dadurch aus, dass er aus zwei parallel liegenden langgestreckten Räumen besteht und die einzige Möglichkeit, um in diese beiden Räume zu gelangen, zwei Munitionsdurchreichen (?) an der Schmalseite der Bunker sind. Türen oder andere Zugangsmöglichkeiten sind nicht erkennbar - auch keine Spuren von Vermauerungen o.ä.. Die beiden Bunker in Mielno/Groß Möllen sind mit Hilfe eines flachgeneigten Spitzdachs als Haus getarnt worden, der westliche der beiden Bunker weist zudem an der Nordostecke einen kleinen Anbau auf, der ebenfalls nur von innen her erreichbar ist.
Nach Umfahrung des großen Küstensees Jezioro Bukowo/Buckower See kommt man in die Ortschaft Bobolin/Böbbelin, die am westlichen Rand des ehemaligen Schießplatzes Darłowo/Rügenwalde liegt. Ein großes (neuzeitliches) Schild in der Ortsmitte kündet davon und man wird darin erinnert, dass hier einst das 80 cm Eisenbahngeschütz Dora getestet wurde. Nahezu das gesamte Testgelände wird heute noch aktiv von der 29. Squadron für U-Boot-Bekämpfung der polnischen Marineflieger genutzt. Daher ist es auch nur mäßig verwunderlich, dass der alte und löchrige Zaun um das ehemalige Testgelände und heutige Militärareal durch einen ganz neuen Hochsicherheitszaun ersetzt wurde. Somit war es entgegen einschlägigen Berichten im Internet heute auch nicht mehr möglich, den Dora-Teststand zu besichtigen. Man kann daher nur noch aus der Ferne den ca. zwei Kilometer langen, betonierten bzw. im oberen Bereich ehemals hölzernen Sichtschutz sehen - heute im Volksmund auch als „chinesische Mauer“ tituliert - der das Geschütz gegen neugierige Blicke abschirmte.
Entlang der einzigen Zuwegung zum Strand sind noch drei runde und bettungsähnliche Bauwerke zu entdecken, auch wenn sie stetig immer stärker zuwachsen. Eine daneben platzierte Infotafel gibt leider nur allgemeine historische Auskünfte. Direkt am Strandzugang befinden sich mehrere betonierte Kugelfänge, davon einer mit einer schweren Panzerplatte.
Nördlich und südlich kann man teils am Strand, teils hinterm Zaun verborgen weitere Bunkerreste, Gebäude und einen enorm großen Kugelfang des früheren Schießplatzes sehen. Auch ein einfacher polnischer Beobachtungsbunker in den südlich der Zuwegung gelegenen Dünen wird regelmäßig von den Strandgästen aufgesucht.
Ein Unternehmer aus dem kleinen Städtchen Malecho-wo/Malchow, östlich von Koszalin/Köslin an der Europastraße 28 bzw. der polnischen Landstraße 6 gelegen, ist historisch sehr interessiert und engagiert sich für die Bewahrung des jüngeren kulturellen und technischen Erbes. So kann man nach Rückfrage auf seinem Firmenareal eine größere Anzahl von Militärfahrzeugen, Geschützen und Panzern aus der Nachkriegszeit, sowie Sperren und kleinere Bunker besichtigen, wobei ein Teil der Exponate auf dem Schießplatz Rügenwalde geborgen wurde. Eindrucksvoll sind eine schwer beschädigte Panzerglocke, sowie ein 1944 produzierter Kleinstbunker in Kugelform.
Der Kugelbunker soll der Explosionskraft einer britischen 1000-Pfund-Bombe im 7,00 m Entfernung widerstehen und Schutz für bis zu 5 Personen bieten. Er besteht aus Stahlbeton mit einer Dicke von 4 cm und wiegt 2,5 t. Für den Bau wurden trotzdem nur 0,6 m³ Beton benötigt, für Bunker mit einer vergleichbaren Widerstandskraft in konventioneller Bauweise hätte man deutlich mehr Material einsetzen müssen. Der Unternehmer ist auch wesentlich an der Organisation des jährlichen Militärfahrzeugtreffens in Darłowo/Rügenwalde verantwortlich, ebenso für die Wiederherrichtung der ehemaligen Flak- und Sperrbatterie Schwerin im gleichen Ort.
Die drei „Pommernbatterien“ der Kriegsmarine
In Richtung Osten geht das Schießplatzgelände in das Seebad Darłówko/Rügenwaldemünde bzw. Rügenwalde-Bad über. Hier findet man eines der Highlights dieses Küstenabschnitts: die „Flak- und Sperrbatterie Schwerin“. Die anderen beiden Pommernbatterien liegen in Kołobrzeg/Kolberg und in Ustka/Stolpmünde. Hier die Hintergrundgeschichte dazu, soweit diese anhand einiger Fundstücke aus dem Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg bisher geklärt werden konnte:
Im September 1936 forderte das Marinekommandoamt weitere Verstärkungen für die Küstenverteidigung. Neben einer Verbesserung von technischen Details bei einigen Batterien wurde u.a. auch der „Bau der Schießstellungen bei Kolberg, Rügenwaldemünde und Stolpmünde“ als besonders dringlich bezeichnet. Der Oberbefehlshaber der Marine hatte daraufhin im Oktober 1936 entschieden, dass der Ausbau der schwimmenden Streitkräfte weiterhin im Vordergrund stehen sollte, aber dennoch aufgrund der militärpolitischen Lage im Ostseeraum die in der mittleren und östlichen Ostsee vorgesehenen neuen Vorhaben schneller in Angriff genommen werden sollten. Besonders vordringlich sollte daher der Ausbau der Flugabwehr und Küstenverteidigung umgesetzt werden. Genannt wurde explizit je eine 10,5 cm Batterie in vollem Ausbau zu je drei (später handschriftlich in vier geändert) Geschützen in Stolpmünde, Rügenwaldemünde und Kolberg.
Die „Übersicht über den Stand des Ausbaus und Plan für den weiteren Ausbau der Seeziel-Küstenbatterien", gefertigt von der Seekriegsleitung in 1938 sah schließlich für Kolberg, Rügenwalde und Stolpmünde folgenden Ausbau vor: So war u.a. eine neue „Sperrbatterie Schwerin“, bestehend aus 4 x 15 cm S.K.L/40 in M.P.L.C/97 in Rügenwalde-Bad vorgesehen. Gemäß Befehl des Oberbefehlshabers der Marine sollten die neuen Sperrbatterien an der Pommernküste so schnell wie möglich aufgestellt werden. Diese Planung der Seekriegsleitung wurde vom Marineamt - wie oben erwähnt - teilweise verworfen: Danach sollte eine behelfsmäßige Aufstellung der 15 cm Geschütze bis Herbst 1939 erfolgen und der Abbau der bisherigen 10,5 cm Flakgeschütze parallel dazu beginnen, um diese möglichst für andere Verwendungen frei zu bekommen.
Eine weitere neue „Sperrbatterie Nettelbeck“ mit 4 x 15 cm S.K.L/45 in Kst.M.P.W.C/14 mit apt.V. sollte in Kolberg entstehen. Die Batterie war somit als Ersatz für die bisherige „Flak- und Sperrbatterie Nettelbeck“ vorgesehen. In Stolpmünde sollte auch eine neue „Batterie Blücher“ entstehen. Als Geschütze waren 4 x 15 cm S.K.L/45 in M.P.L/13 eingeplant. Die neue „Batterie Blücher“ war wegen der erhöhten Bedeutung, die der Hafen Stolpmünde als zukünftiger Haupthafen des Seedienstes Ostpreußen nach dem seinerzeit laufenden Ausbau erhalten sollte, als Ersatz für die „Flak- und Sperrbatterie Blücher“ notwendig geworden, nachdem der Flakschutz in Stolpmünde an die Luftwaffe übergegangen war. Aus dem gleichen Grund sollte die „Batterie Blücher“ als erste an der Pommernküste zum Einsatz kommen.
Dieser Gesamtplan wurde am 22. Oktober 1938 vom Marinewaffenamt kommentiert. Zu den drei Batterien in Pommern wurde folgendes festgehalten: Ein sofortiger Vollausbau der „Batterie Schwerin“ in Rügenwalde-Bad wäre nur unter Zurückstellung laufender Flakartillerieausbauten im Abschnitt Swinemünde möglich gewesen. Die im Oktober 1938 schießbereite 10,5 cm Flakbatterie war als Sperrbatterie angelegt worden, so dass aufgrund Überhöhung der beiden hinteren Geschütze alle vier Geschütze die Hafeneinfahrt beherrschen konnten. Es wurde betont, dass die Flakgeschütze der Batterien Nettelbeck, Schwerin und Blücher bis zu ihrem Ersatz durch 15 cm Geschütze im Herbst 1939 nicht abgebaut werden dürften, um deren Kriegsbereitschaft tunlichst nicht zu unterbrechen.
Zur Jahreswende 1938/39 legte die Operationsabteilung der Seekriegsleitung wieder eine überarbeitete Ausbauplanung unter dem Titel „Ausbau der Seeziel-Küstenbatterien - Stand des Ausbaus und Plan für das Endziel“ vor. Zur Batterie in Rügenwalde-Bad wurde an dem Bau einer neuen „Sperrbatterie Schwerin“ mit 4 x 15 cm S.K.L/40 in M.P.L.C/97 festgehalten, die die vorhandene „Flak- und Sperrbatterie Schwerin“ ersetzen sollte. Die behelfsmäßige Aufstellung der neuen Sperrbatterie sollte bis Herbst 1939 erfolgen und etwa Mitte 1941 endgültig abgeschlossen sein. Im Gegensatz zu früheren Planungen sollten nun aber die bestehenden 10,5 cm Flakgeschütze erst mit Beginn des behelfsmäßigen Aufbaus der 15 cm Geschütze verlegt werden, um eine Unterbrechung der Kriegsbereitschaft möglichst zu vermeiden. Dieses Vorhaben wurde später revidiert und in einer leider nicht datierten Korrektur heißt es: „Die bisherigen Flak- und Sperrbatterien Schwerin und Nettelbeck bleiben bis auf weiteres bestehen."
In Stolpmünde wurden die ursprünglichen Planungen nicht so stark verworfen, weil der Hafen durch seinen geplanten und schon begonnenen Ausbau sehr an Bedeutung gewann. Wegen der Hafenausbaumaßnahmen war ein neuer Standort der Batterie ostwärts von Stolpmünde in Aussicht genommen worden.
Am 3. Januar 1939 legte das OKM im „Bauprogramm Küstenschutz 1939“ fest, welche Bauvorhaben auf dem Gebiet des Küstenschutzes vorbehaltlich der Bereitstellung von entsprechenden Geldmitteln erkundet bzw. durchgeführt werden könnten. Vorgesehen war der Vollausbau der „Batterie Stolpmünde“ mit 4 x 15 cm S.K.L/45 in M.P.L.C/13, die nach Aufgabe der bestehenden „Flak- und Sperrbatterie Blücher“ in „Batterie Blücher“ umbenannt werden sollte. Zuvor sollte die Kommandantur Swinemünde baldigst einen geeigneten Aufstellungsplatz erkunden, falls tatsächlich der Umbau der bestehenden Flak- und Sperrbatterie nicht möglich sein sollte.
Im gleichen Dokument sind auch noch die jeweilige Behelfsaufstellung der „Batterie Rügenwalde“ (nach Aufgabe der bestehenden Flak- und Sperrbatterie in „Batterie Blücher“ umzubenennen) mit 4 x 15 cm S.K.L/40 in M.P.L.C/97 und die der „Batterie Kolberg“ (auch nach Aufgabe der bestehenden Flak- und Sperrbatterie in „Batterie Nettelbeck“ umzubenennen) mit 4 x 15 cm S.K.L/45 in Kst.M.P.L.C/14 aufgeführt. Das Verwerfen dieser Planungen dürfte also zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt sein. Interessant ist aber trotzdem der Hinweis, dass in Rügenwalde-Bad und in Kolberg die vorhandenen Anlagen der Flak- und Sperrbatterie möglichst mit verwendet werden sollten. Dafür sollte auch in Kauf genommen werden, dass man nicht alle Anforderungen an eine neuzeitliche Sperrbatterie in vollem Umfange hätte erfüllen können, weil z.B. die Geschützbereitschaften nicht in unmittelbarer Nähe zum Geschütz hätten untergebracht werden könnten. Dadurch erhoffte man sich Einsparungen bei den Baukosten, die einer Fertigstellung des Vollausbaus noch in 1939 hätten möglich machen können. Für alle drei Bauvorhaben sollten baldigst eine erste Meldung mit einfachen Skizzen eingereicht werden. Eine Entscheidung über die Vorlage von Vorentwürfen für diese drei Batterien sollte im Anschluss erfolgen. Weitere Archivunterlagen nicht vor.
Strittig ist auch die Armierung der drei Batterien. Die oben zitierten Dokumente erwähnen zumindest für die Batterien Schwerin und Blücher schießbereite 10,5 cm Geschütze. Vermutlich handelte es sich dabei um ein älteres Modell wie z.B. die 10,5 cm Ubts u. Tbts Flak L/45 in 8,8 cm MPLC/30. Ein gleicher Geschütztyp wird auch im Axishistory Forum (forum.axishistory.com) für die „Batterie Nettelbeck“ vermutet. Anderseits gibt es auch Hinweise auf eine Ausstattung aller drei Batterien mit der 8,8 cm Flak S.K.C/30. Diese und weitere offene Fragen in Bezug auf diese drei Batterien wird die Festungsforschung noch klären müssen. Doch nun zum aktuellen Zustand vor Ort:
Jahrzehntelang waren die Bunker und Bettungen der „Batterie Schwerin“ in Darłówko/Rügenwaldemünde unter dem Dünensand nahezu komplett verschwunden. Der dichte Bewuchs tat ein Übriges, die Bauwerke aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden zu lassen, obwohl sie nicht weit entfernt von der Haupteinkaufsstraße, dem Hafen, dem Badestrand und der südlichen Mole, also im Zentrum des touristischen Geschehens liegen. Dieser bevorzugte Standort, aber auch das nun schon oft genannte polnische Geschichtsinteresse führte dazu, dass eine private Vereinigung in 2012 per Spaten und Schubkarre die vier Geschützbettungen, den Leitstand sowie den kleinen Maschinenunterstand und den großen Maschinenbunker freigelegt hat. Gegen ein geringes Entgelt werden dem interessierten Besucher nun die vier Bunker und fünf Bettungen (inkl. Leitstand) von innen und außen gezeigt. Der Dünensand hat noch einiges konserviert, so z.B. Teile der Holzregale für die Bereitschaftsmunition in den Munitionsnischen der Bettungen, Reste der Tarnbemalung und zumindest einige Inschriften wie beispielsweise „Luftschutzraum“ sind noch lesbar. Diese konkrete Inschrift lässt die Vermutung zu, dass die Batterie schnell ihre Geschütze an andere Kriegsschauplätze abgeben musste und die Bevölkerung einen oder alle Bunker als Luftschutzraum nutzen durfte, denn ein Luftschutzraum für die Mannschaften einer Marineflakbatterie wäre paradox. Ob es noch einen Munitionsauffüllraum gab oder gibt, war vor Ort nicht zu erfahren.
Die westliche der drei Batterien, die „Flak- und Sperrbatterie Nettelbeck“ hart westlich der Hafenzufahrt in Kołobrzeg/Kolberg liegt auf noch aktivem Marinegelände und ist nicht zu besichtigen. Für diese Batterie ist aber überliefert, dass Sie Ihre Geschütze und das dazugehörige Personal Ende September 1939 nach Wilhelmshaven zur Ausstattung der „Marineflakbatterie Sillenstede“ überführen musste. Berichte im Internet lassen die Vermutung zu, dass diese Batterie zum einen ebenfalls noch leidlich erhalten ist und zum anderen der Batterie in Darłówko/ Rügenwaldemünde und der dritten Batterie in Ustka/ Stolpmünde gleicht.
Um diese Vermutung zu bestätigen, wurde auch die „Flak- und Sperrbatterie Blücher“ in Ustka/Stolpmünde in den Dünen hart westlich des Hafens angefahren. Auch diese Batterie ist durch viel lokales Engagement erstmalig im Sommer 2012 wieder zum Leben erweckt worden, allerdings eine Nummer größer als in Darłówko/Rügen-waldemünde. Die Batterie liegt in einem Areal, das über viele Quadratkilometer hinweg militärhistorisch interessant und sehenswert ist. So findet man überall in den Dünen und im Küstenwald Bunker aus dem 2. Weltkrieg und aus der Zeit des Kalten Krieges. Nicht weit von der eigentlichen Batterie steht im Wald der zugehörige Munitionsauffüllraum. Die Straße dorthin, aber auch die nähere Umgebung ist mit diversen Kleinkampfanlagen geradezu gespickt. Kleinstschartenstände sind der Bauart nach zu urteilen aus der Zeit nach 1945 und dürften dem Batalionowy Rejon Umocniony Nr. 4 Ustka (befestigter Bataillonsbereich Nr. 4) zuzuordnen sein. Zeitlich ohne zusätzliche Informationen noch nicht einzusortieren sind kleine, runde Kampfstände in der Art der Ringstände der Wehrmacht vom Typ Kochstand, die man auch noch an anderen Stellen der Küste, so z.B. in Gąski/Funkenhagen findet. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Idee der Kochstände von der polnischen Armee in der Nachkriegszeit übernommen wurde.
Nur nach Voranmeldung zu besichtigen ist die polnische Küstenbatteriebatterie Baterie Artylerii Stałej BAS 9. Dieses musste aus zeitlichen Gründen ebenso unterbleiben wie die Suche nach Überbleibseln des früheren Luftwaffen-Flakschießplatzes Stolpmünde. Mitnehmen sollte man aber, wenn man schon vor Ort ist, die Reste der Mole 3, ein Relikt aus den dreißiger Jahren, als der Hafen von Stolpmünde gigantische Ausmaße erhalten sollte, um als neuer Absprunghafen für den Seedienst Ostpreußen zu dienen. Der Seedienst Ostpreußen stellte die einzige Verbindung - mit Ausnahme der eher noch nicht so üblichen Flugverbindungen - ohne Grenzübertritte durch den sogenannten polnischen Korridor nach Ostpreußen her. Der Kriegsausbruch beendete die Hafenbaumaßnahmen in einem frühen Stadium, so dass man heute am Strand nur noch die große und etwa 100 m weit ins Meer ragende Ruine der Mole 3 sehen kann. Doch zurück zur eigentlichen Sehenswürdigkeit des Badeortes: die „Flak- und Sperrbatterie Blücher“.
Das Batteriegelände hat zunächst kirmesähnlichen Charakter. Große und kleine Kinder kurbeln an einer Flak herum, hinter einem rekonstruierten Erdbunker wird Suppe nach russischem Rezept und Grillwurst verkauft, gegenüber erhält man Militaria aller Art, von der Handgranatenimitation bis hin zur kompletten Uniform. Um der ganzen Familie etwas zu bieten und wohl auch der Vorgabe irgendwelcher EU-Fördermittel zu entsprechen, kann man am Rande des Areals „Hunnen“ in ihren Zelten besuchen und sein Geschick beim Bogenschießen testen - wohl eine Art Reminiszenz an die „Ureinwohner“.
Das eigentliche Batteriegelände ist jedoch zum Glück viel seriöser gestaltet. Für ein geringes Entgelt kann man die Stellung allein erkunden oder sich einer Führung anschließen, die keinen Aufpreis kostet und auch in hervorragendem Deutsch angeboten wird! Die Führung hat den Vorteil, dass man so auch in die beiden Bunker unter dem Leitstand und unter der nordöstlichen Bettung kommt. Beide Bunker sind durch einen kleinen Hohlgang miteinander verbunden. Die anderen Bettungen sind nicht mit Untertreträumen oder dergleichen ausgestattet. Insoweit ist diese Batterie absolut identisch mit der „Batterie Schwerin“ in Darłówko/Rügenwaldemünde. Nur fehlt hier der große Maschinenbunker, während der kleine Maschinenbunker baugleich vorhanden ist und als Kassenhäuschen und Literaturshop dient. Auch hier wurden die Bunker erst in 2012 freigelegt, so dass der grün-braunrote Tarnanstrich noch gut zu erkennen ist. Ebenso sind Teile der Regale für die Bereitschaftsmunition und von Holzschemeln in den Bettungsnischen erhalten. Nach der Führung hat man noch Gelegenheit, alleine das Areal zu erkunden und kann so z.B. Fotos weitgehend ohne Besucher machen oder sich Details näher anschauen. Inschriften haben sich nicht erhalten, aber in die Struktur der Tarnung eingefügte Hakenkreuze, auf die während der Führung sehr intensiv eingegangen wird, da sie als Zeichen einer sehr nationalen Gesinnung der Bauarbeiten interpretiert werden.
Daneben werden auch Führungen zu den bereits oben genannten anderen militärischen Objekten in den Nähe angeboten. Eine frühzeitige Buchung ist sicherlich sinnvoll, da es scheinbar nur wenige qualifizierte und mehrsprachige Führer gibt. Falls man das Gelände alleine abgehen muss oder möchte, gibt es sehr gut gemachte Erläuterungstafeln. Etwas störend - besonders auf den Fotos - sind die einfachen Absperrungen um die Bettungskessel herum, die wohl auch in Polen manchmal unvermeidbar sind. Dabei wird man bemerken, dass beide Batterien nicht die typische Trapezform einer Sperr- und Flakbatterie der Kriegsmarine aufweisen, sondern die Form etwas asymmetrisch verschoben ist. Dieses erklärt sich dadurch, dass – wie aus den BAMA-Dokumenten ersichtlich – nur drei Geschütze geplant waren und man später ein viertes Geschütz hinzugefügt hatte.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach einiger Recherche überraschend viele interessante Ziele gefunden wurden, wenn manchmal auch mit etwas Glück. Falls man nur wenig Zeit mitbringt, sollte man versuchen, die beiden Flak- und Sperrbatterien zu besichtigen, eventuell noch eine der BAS-Batterien.