Im Schatten Vaubans
Text und Bilder: A. SchererNeuf-Brisach ist das Meisterwerk Vaubans, die Stadt ist der Höhepunkt einer planmäßig angelegten befestigten Idealstadt. Sie ist Teil des Netzwerkes der Vaubanstädte und mit elf weiteren Städten Weltkulturerbe.
Bei so viel Ruhm gerät es schon mal in Vergessenheit, dass bei Neuf-Brisach weitere Festungswerke liegen, die Bestandteile des Brückenkopfs Neubreisach aus der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Deutschen Kaiserreich waren. Die meisten sind jedoch zerstört worden und nur Trümmer blieben übrig. Einzig eine Anlage ist unversehrt erhalten: Das Infanteriewerk Heiteren. Es verdankt sein Überleben der Nutzung als Munitionslager durch die französische Armee. Außerdem sorgte diese Nutzung dafür, dass die Anlage auch vor Vandalismus geschützt war, weil die Öffentlichkeit keinen Zutritt hatte.
Jetzt ist dies anders. Die Armee zog aus Neuf-Brisach ab und das Werk Heiteren wurde von einem Privatmann erworben. Heute pflegt es der Verein „Les Amis du Fort de Heiteren“. Er bietet regelmäßige Führungen, ein Angebot, das der Autor gerne nutzte. Eine erneute ausführliche Beschreibung des Werkes kann hier entfallen, denn in der Fortifikation 23 haben dies die Herren Rhode und Fixemer bereits bestens getan. Daher sei dem Interessierten das Nachlesen dort empfohlen. Möglicherweise erinnert sich der ein oder andere auch an die Besichtigung im Jahr 2008 während der Jahresversammlung in Bad Bellingen.
So, genug der Vorrede, jetzt komme ich endlich zur Beschreibung meiner Führung. Ja, es war tatsächlich meine Führung, denn es hatten sich keine weiteren Teilnehmer eingefunden. Also ideale Voraussetzungen für eine sehr persönliche Besichtigung und niemand, der einem vor die Linse läuft. Das Infanteriewerk machte einen sehr gepflegten Eindruck.
Vor den Eingängen zur Kaserne standen Blumenkästen und boten einen reizvollen farbigen Kontrast zum Betongrau der Festung. Unser Rundgang führte uns zunächst über das Außengelände am rechten Bereitschaftsraum (Inschrift noch schwach erkennbar) und Wachraum (auch hier ist die Beschriftung schwach erkennbar) zur Infanteriestellung.
Die Wege im Werk wurden von dem Verein wieder angelegt und begehbar gemacht. Entlang der hervorragend erhaltenen betonierten Infanteriestellung liefen wir die Frontseite des Werks ab. Auf der linken Seite war ein Teil der Stellung noch verschüttet, er soll aber wieder freigelegt werden. So schaut bis dahin nur eine einsame Beob-achterschnecke aus dem Boden.
Im linken Bereitschaftsraum lagen noch die Pfosten des Drahthindernisses, das die Aktiven des Vereins abgebaut hatten. Von der Kaserne werden mehrere Räume als Werkstatt genutzt. Entsprechend sind sie mit allerlei Werkzeugen zur Pflege und Restaurierung bestückt. Weiterhin werden zwei Räume für Veranstaltungen genutzt. Wie ich erfuhr, entstammen deren Themen bisher noch weniger aus dem Festungsbereich. So kommen beispielsweise im Sommer Grundschüler aus den umliegenden Schulen im Rahmen der Grünen Woche zum Pflegen des Werkes. Von der ursprünglichen Ausstattung der Kaserne ist nichts mehr erhalten. Lediglich beim Abort ist die frühere Funktion klar zuzuordnen. An einigen Wänden befinden sich restaurierte Hinweise, z.B. in Richtung Wache oder Fernsprecher. Auch haben sich die Nummern über den früheren Gewehrhaltern erhalten. Insgesamt machen die Kaserne und der vorgelagerte Bereitschaftsraum einen gepflegten Eindruck.
Die Besucherzahlen sind bisher noch überschaubar. Das ist schade, denn es gibt genügend Führungstermine. Außerdem ist das Infanteriewerk Heiteren einer der wenigen deutschen Festungsbauten, die kurz vor Kriegsbeginn 1914 noch errichtet wurden. Dies macht es für den Festungsfachmann zu einem interessanten Studienobjekt. Das Werk braucht sich deshalb nicht hinter der Vaubanfestung zu verstecken, denn selbst wenn es eher unscheinbar wirkt, gehört es zur langen Festungsgeschichte Neuf-Brisachs und ist sehenswert. Dies erkannte jetzt auch die Touristinfo der Stadt, in ihren Räumlichkeiten lagen Flyer des Werkes aus. Wer sich für Vauban interessiert, schaut vielleicht auch mal bei einem Festungswerk aus der deutschen Zeit vorbei.
Mein Fazit ist, dass sich der Besuch des Infanteriewerks Heiteren gelohnt hat und jedem sehr empfohlen werden kann. Auch wer das Werk vielleicht schon kennt, kann bei einem weiteren Besuch neue Eindrücke gewinnen. Es wurden ja einige Restaurierungen vorgenommen. Einzig eine Präsentation mit Plänen, Bildern und militärischen Gegenständen wäre aus Sicht des Autors noch eine bisher fehlende sinnvolle Ergänzung.
Somit könnte in Neuf-Brisach gleich an zwei authenti-schen Orten die Festungsgeschichte der Stadt besucht werden, denn im Belforter Tor präsentiert bereits das Musée Vauban dessen Zeit und Werk.
Fort Heiteren, wie das Werk von den Franzosen genannt wird, könnte diese Darstellung um die deutsche Zeit ergänzen.