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Am Wall

Am Wall 91 - Ein kleiner Ausflug zu der Inselfestung Malta

Ein kleiner Ausflug zu der Inselfestung Malta, 1

zwei „Beton“ und ein „Ziegel“ bitte! Bericht zur Mitgliederversammlung 2015, 6

Protokoll der Jahreshauptversammlung „INTERFEST e.V.“ 2015, 8

Damenprogramm Trautenau 2015, 10

Frühjahrs–Studienreise nach ANTWERPEN 2016, 12

Nachlese zur ITB Berlin 2015 (04. – 08.03.2015), 13

Dauerausstellung „In Lapide Regis – Auf dem Stein des Königs, 14

Internationale Konferenz zu Festungen und Welterbe in New Delhi, 05. / 06. Februar 2015, 15

SALVETE HOSPITES – Seid gegrüßt liebe Gäste!, 17

Früher bewährt, aber heute vergessen. Eine Antwort auf die Fragen von M. Oehlrich im „Wall" 89/2014 von Herbert Jäger, 20

Die Pommernstellung – Ein Reisebericht, 23

BÜCHER FÜR DEN FESTUNGSFORSCHER, 26

– Brennpunkt „Ostwall“. Die Kämpfe um die Festungsfront Oder–Warthe–Bogen im Winter 1945

– Atlantikwall 1942–44. Bollwerk des Reiches

– Festung Küstrin 1945: Anspruch und Wirklichkeit

– Archäologische Kriegsrelikte im Rheinland

– Feste Kaiser Franz

Nachlese Truppenübungsplatz Döberitz, 29

Festungsstudientour in den indischen Punjab vom 07. bis 18. Februar 2015, 32

 

Ein kleiner Ausflug zu der Inselfestung Malta

Text und Bilder: Marco Basilisco

Die Insel Malta, etwa 80 km von Sizilien entfernt, ist eine der am stärksten befestigten Inseln der Welt. Auf ihren nur 316 km2 finden wir eine große Zahl von in verschiedenen Epochen gebauten Befestigungen aus der Antike bis hin zum Kalten Krieg. Viele dieser Werke wurden restauriert und als Museum eingerichtet, sie können je nach der da-hinter stehenden Einrichtung gegen Bezahlung oder auch unentgeltlich besichtigt werden. Daneben gibt es eine große Zahl von Bauten, die aufgegeben wurden und jetzt mehr oder weniger frei zugänglich sind - auf eigene Gefahr versteht sich.

 

 

Flak-Stellung mit Entfernungsmessturm


Die Insel ist buchstäblich übersät mit kleinen Küstenbefestigungen wie Türmen und Bunkern, die man schon aus dem Auto heraus erkennen kann und die mittlerweile so etwas wie typisch für die maltesische Landschaft geworden sind. Leider ist die massive Ausdehnung der Städte auch Ursache für das Verschwinden vieler Kleinanlagen, aber die wichtigsten Beispiele der Militärarchitektur aus jeder Festungsperiode sind bisher zum Glück erhalten geblieben und auch zu besichtigen.

Eine detaillierte Liste aller Befestigungen wäre nicht nur extrem umfangreich, sondern auch extrem sinnlos und für diesen Artikel hier überflüssig. Außerdem findet sich alles das auch im Internet, z. B. auf der Seite des Maltesischen Touristenbüros oder in speziellen Publikationen. Mein Aufenthalt auf der Insel erstreckte sich über fünf ganze und einen halben Tag und daraus sollen hier nur die we-sentlichsten Aspekte zu unserer gemeinsamen Leiden-schaft wiedergegeben werden.

Fort Madalena oder Madliena

Der Grund, mit dieser Festung zu beginnen liegt einfach darin, dass eine Besichtigung nur sonnabends zwischen 14:30 und 16:30 Uhr möglich ist und sie deshalb als erste auf dem Programm stand.

Fort Maddalena ist Bestandteil der so genannten „Victoria Lines“, die zur Verteidigung des Inselbereiches gebaut wurden, in dem die meisten Siedlungen und, vor allem, auch die meisten Brunnen liegen. Sie sollten vor allem ei-nen in der St. Pauls-Bucht gelandeten Gegner am raschen Vormarsch hindern. Diese Linie bestand hauptsächlich aus einer „Großen Mauer“, das heißt einer durchgehenden Wand aus Tuffsteinblöcken, die mit Gewehrscharten versehen war. Das Konzept ähnelt durchaus der chinesischen Großen Mauer. Diese mehr infanteristische Verteidigung wurde durch einige Batterien und Forts an Stellen verstärkt, die einer besonderen Verteidigung bedurften. Eines dieser Forts war das Fort Madliena.

Es entstand zwischen 1878 und 1880 und wurde entwi-ckelt, um eine 11-inch RML-Kanone (28 cm) aufzunehmen, dazu vier 64pfünder auf Verschwindlafetten, zwei 40pfünder auf Belagerungslafetten und zwei Feldgeschütze. 1885 war jedoch nur die 11-inch-Kanone installiert. Zusätzlich erhielt das Fort in dieser Zeit zwei weitere 11-inch-Kanonen RML MK II aus der Bastion St. Lazarus in Valetta sowie zwei 6-inch BL-Geschütze (155 mm). 1888 wurde das Fort für den Küstenschutz umgebaut. Es erhielt einen neuen von der alten Anlage getrennten und freistehenden Erweiterungsbau etwas unterhalb des bisherigen Niveaus. Der neue Teil war ebenfalls von einem Graben umgeben und nur über zwei Brücken mit der alten Anlage verbunden. In diesem Zusammenhang wurden auch die alten RML entfernt und gegen zwei 9,2-inch BL MK X (24 cm) und zwei weitere 6-inch BL (155 mm) ausgetauscht.

Die englischen Geschützbezeichnungen bedeuten:

RML = Rifled Muzzle Loader = gezogener Vorderlader
BL = Breech Loader = Hinterlader (gezogen)
MK II / MK X = Modellbezeichnung des Herstellers

Im Zweiten Weltkrieg wurde Fort Madalena eine der wichtigsten Radarstationen der Insel, um von Norden kommende Flugzeuge rechtzeitig erkennen zu können.

Diese Rolle hatte sie bis 1978 inne, wurde dann den mal-tesischen Streitkräften übergeben und ist heute Befehls- und Ausbildungsstätte des St. Johns Rettungskorps, einer Freiwilligenorganisation, die auch die Instandhaltung der Festung übernommen hat.

Fort Madalena - Außenansicht des Ravelins


Fort Rinella


Das 1878 erbaute Fort ist neben Gibraltar das einzige noch bestehende seiner Art mit der ursprünglichen Bewaffnung. Die 100-Tonnen-Kanone galt bei ihrem Einbau als eine der größten ihrer Art.

Ursprünglich 1874 im Auftrag des Königreiches Italien nach der Niederlage in der Seeschlacht bei Lissa 1866 gegen Österreich konzipiert, sollte sie der Seemacht Italien wieder die ursprüngliche Geltung verschaffen.

Der neue 100-Tonnen-Vorderlader mit einem Kaliber von 17,72 Zoll (rund 45 cm) konnte eine Granate bis zu 8 Meilen weit schießen. Auf eine Entfernung von 3 Meilen durchschlug das Geschoss immer noch 15 Zoll starke Panzerplatten. Dazu benötigte das Geschütz 450 Pfund Schwarzpulver, das zusammen mit der Granate den damals astronomischen Preis von £ 100 je Schuss ergab. Das ursprünglich für den Einsatz auf Schiffen bestimmte Riesengeschütz konnte auf See alle 20 Minuten einen Schuss abfeuern, an Land war sogar alle 6 Minuten ein Schuss möglich. Sowohl das Laden als auch das Richten des Rohres erfolgte mit einem hydraulischen System und Dampfdruck, der im Fort mit Hilfe einer eigenen Dampfmaschine erzeugt wurde. Hier lag auch eines der Risiken im Umgang mit dem leicht entzündlichen Schwarzpulver.

Von den ursprünglich vier hergestellten Exemplaren wurden je zwei auf Malta (Fort Rinella und Fort Cambridge) und auf Gibraltar installiert. Die Kanonen wurde allerdings niemals eingesetzt, sondern war schon bald nach ihrer Aufstellung veraltet. 1906 wurde Fort Rinella aus der Liste der aktiven Einrichtungen gestrichen.

Jeweils eins hat sich an beiden Standorten bis heute erhalten. Das Geschütz im Fort Cambridge wurde 1956 verschrottet. Nach der Aufgabe des Forts Rinella als Militärstützpunkt 1965 übergab die maltesische Regierung 1991 das gesamte Gelände mit der Riesenkanone der Fondazzjoni Wirt Artna, die mit der Instandsetzung und touristischen Herrichtung bis heute einen der bekanntesten Anziehungspunkte der Insel geschaffen hat. Man kann sich dort eingehend über die Entwicklung der Feuerwaffen, die Ausbildung und das Leben in englischen Garnisonen der viktorianischen Ära informieren.

die Oberfläche der Batterie mit der 100-Tonnen-Kanone

Der Grand Harbour


Der strategisch wichtigste Teil der Insel ist zweifellos der „Große Hafen“, eine Bucht voller Nebenbuchten, leicht zu verteidigen und sicherer Ankergrund für eine ganze Flotte. Alle Bereiche rund um diesen Hafen werden durch gewaltige Bastionen und Mauern geschützt, deren unterschiedliche Bauzeiten eine Analyse der Geschichte und Entwicklung dieses Festungswerkes ermöglichen.

Eines der wichtigsten Bauwerke ist zweifellos das Fort St. Elmo. Es liegt auf der Spitze der Landzunge, die heute die Stadt Valetta trägt und wurde am gleichen Ort errichtet, an dem sich während der Großen Belagerung 1565 ein kleineres Vorgängerwerk befand. Heute sind hier die Polizeiakademie und das National War Museum untergebracht.

Außer zu besonderen Anlässen kann das gesamte Fort leider nicht besichtigt werden, man kann es aber zu Fuß fast ganz umrunden und dabei eine Reihe der Küstenbefestigungen des Zweiten Weltkrieges finden, die an vielen Stellen auf allen Wällen der Stadtbefestigung stehen.

National War Museum

Diese Ausstellung zeigt in einigen Räumen des Fort St. Elmo den Ablauf des zweiten Weltkrieges auf der Insel. Hier ist auch das der Bevölkerung verliehene Georgs-Kreuz zu sehen, das sie für ihren ausdauernden Widerstand erhielten. Außerdem steht hier auch das letzte der drei Gloster Sea Gladiator-Flugzeuge und ein Exemplar eines italienischen MTM-Sturmbootes, mit denen die italienische Marine 1941 einen Angriff auf den Großen Hafen unternommen hatte. Weiter kann man viele Ausrüstungsgegenstände und Waffen der Achsenmächte und eine Sammlung von Orden sehen, mit denen Malteser in dieser Zeit ausgezeichnet wurden.

Das Museum ist einen Besuch wert, auch weil man so wenigstens ein paar Räume des Forts betreten kann.

Lascaris War Room - Malta at War Museum - Salutieren Batterie

Alle drei Standorte werden von der Freiwilligen-Vereinigung „Fondazzjoni Wirt Artna“ betreut, die sich für Erhaltung und Führungen engagiert.

Der Lascaris-War-Room ist die ehemalige zentrale Koordinations- und Befehlsstelle zur Abwehr der Luftangriffe durch die Achsenmächte. Hier wurden die Radarmeldungen über anfliegende Verbände ausgewertet und die Gegenmaßnahmen durch eigene Kräfte eingeleitet. Später lag hier das Hauptquartier zur Landung der Alliierten in Sizilien, der Operation Husky.

Die Zentrale ist mit ihren Einrichtungen gut erhalten, sie liegt in einer Bastionen am Fuße der großen Mauer unter-halb der Stadt Valetta in Richtung auf den Hafen.

Das Malta at War-Museum scheint zunächst eine Wiederholung des National War Museums zu sein, zeigt aber vor allem den Alltag der Bevölkerung während des Bombenkrieges, Details der Luftverteidigung, der verschiedenen Garnisonen und des Zivilschutzes zur Rettung der Opfer des Krieges und dem Objektschutz.

Der interessanteste Teil ist aber zweifellos der Luftschutzbunker an sich, der aus in den Tuffstein getriebenen Stollen unter einer Bastion der alten Stadtbefestigung besteht. Man kann so beides erleben, die moderne Bauweise der Luftschutzeinrichtungen und die früheren Verteidigungsanstrengungen im 17. Jahrhundert.

Die Salut-Batterie ist schließlich die „touristischste“ dieser Sehenswürdigkeiten. Es ist eine Batterie von Geschützen, die täglich mittags ein Salve abfeuert um die genaue Zeit „hörbar“ zu machen. Normalerweise wird nur ein Schuss aus einem der Geschütze abgefeuert, aber bei besonderen Anlässen wird aus allen Rohren geschossen. Es ist eine gute Gelegenheit, das Schießen mit diesen alten Kanonen und den Bedienungsmannschaften in klassischen Uniformen zu beobachten. Dazu gibt es sehr interessante Erklärungen der Fondazzjoni Wirt Artna zu den Stücken, die hier im Laufe der Zeit postiert waren.

Befestigte Städte

Bemerkenswert sind hier vor allem die Stadtmauern der früheren Hauptstadt der Insel, Medina. Sie sind hervorragend erhalten und zu einem großen Teil auch zu begehen. Gleichermaßen sehenswert ist auch die gesamte Altstadt, die nahezu unverändert seit dem 16. Jhdt. erhalten blieb.

Entsprechend interessant ist auch die Befestigung der Hauptstadt von Gozo, Victoria. Hier ist es besonders gut möglich, die gesamte Entwicklung solcher Stadtbefestigungen des Mittelmeerraumes zu studieren.

Medina - die frühere Hauptstadt der Insel"Pillboxes" und andere Befestigungsanlagen des Zweiten Weltkrieges

Überall auf der Insel trifft man auf kleine Bunker, die von der britischen Armee während des Zweiten Weltkrieges zur Abwehr einer Landung der Achsenmächte auf der Insel gebaut wurden.

Der Leitgedanke dabei war, die gesamte Insel in eine Festung zu verwandeln (Was für eine Überraschung ...!). So baute man überall MG-Nester in Gebäude ein, errichtete Beobachter, Artilleriestellungen und Unterstände um ei-nen gelandeten Gegner so lange wie möglich zu binden während man auf Verstärkung wartete.

Ungefähr 300 Bunker wurden so errichtet, die vor allem die Strände, Straßenkreuzungen und Verbindungswege schützen sollten. Nur einige davon sind für eine museale Verwendung erhalten, die meisten wurden inzwischen aufgegeben. Trotz ihrer scheinbaren Einfachheit sind sie aber durch die Vielzahl von Exemplaren wichtiger Teil des strategischen Systems, eine Tiefenverteidigung zu organisieren. Um dieses System zu erfassen braucht der Reisende allerdings Zeit und Geduld.

Neben den Batterien der Landverteidigung spielten auch die Küstenbatterien und vor allem die Luftabwehr eine große Rolle. Beide sind vorwiegend dort zu finden, wo am ehesten mit einem Angriff gerechnet werden musste, z. B. am Großen Hafen. Solche Stellungen sind an den in großer Zahl errichteten Telemetrie-Türmen zu erkennen, die meist noch erhalten und schon von weitem sichtbar sind.

Abschließend kann ein Besuch der Insel sehr empfohlen werden, weil dort nicht nur Befestigungsanlagen für eine Menge Arbeit sorgen, sondern ein Inselurlaub auch für eventuelle Mitteisende genug Abwechslung bietet. Die vielen gut erreichbaren Strände, ein pulsierendes Nachtleben und zahlreiche Sehenswürdigkeiten machen Malta zu einem der beliebtesten Sommerurlaubsziele.

eine typische „Malta-pillbox“ zur Überwachung einer StraßeEine vollständige Geschichte und Beschreibung der Festungsanlagen finden Sie auch in den folgenden Publikationen:

- “The Guns and Gunners of Malta”, Denis Rollo, Mondial 1999

- “The Fortifications of Malta 1530-1945”, von Charles Stephenson und Steve Noon, Osprey Publishing 2004




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