mit typisch Schweizer Präzision. Bericht zur Jahreshauptversammlung in der Schweiz, 1
Protokoll der Jahreshauptversammlung „INTERFEST e.V.“ 2016, 6
Der Adler ist gelandet. Transport der Bibliothek aus Winterthur nach Berlin–Spandau, 8
Eine Kurzreise nach Helsinki, 9
Zuhause beim Gouverneur, 10
Rätsellösung zur Ausgabe 94, 11
Fachgruppe VIII – Touristik, 12
Große Festungs–Studienreise nach Indien vom 03. bis 18. Februar 2017, 13
BÜCHER FÜR DEN FESTUNGSFORSCHER, 14
– Verdun 1916. Die Schlacht und ihr Mythos aus deutsch–französischer Sicht
– Hitlers Inselwahn. Die britischen Kanalinseln unter deutscher Besetzung 1940–1945
– Kasematten. Auf Spurensuche in der Festungsstadt Luxemburg
– Bunker Beleben
– Das Fort Oberer Kuhberg. Festungsführer
– Mecklenburg–Vorpommern 1933–1945. Der historische Reiseführer
– Glosario. Ilustrado de Fortificaciones
Kölner Festungstage 2016, 18
Der Befestigungsgürtel von Straßburg, 20
Stadtbefestigung Bad Tennstedt – Tore, Türme und verschwundene Burgen, 21
Eine Woche Flandern: Studientour nach Antwerpen und Umgebung, 24
Die „Nieuwe Hollandse Waterlinie“, 30
Mit typisch Schweizer Präzision
Was braucht der Studienkreis Interfest für das Gelingen der alljährlich stattfindenden Zusammenkünfte, deren zentrales Anliegen die Jahreshauptversammlung ist?
Auch dieses Jahr unternahm der Stundenkreis im Rahmen der Jahreshauptversammlung (mit Präsidiumswahl) zahlreiche Exkursionen. Diesmal ging es in die Schweiz, nach Sargans. Der Vorschlag wurde im letzten Jahr von dem mittlerweile verstorbenen Schweizer Mitglied Herrn Dr. Hürzeler unterbreitet und von der Mehrheit der anwesenden Mitglieder favorisiert. Nicht wie üblich fuhr der Geschäftsführer vorher alle Orte ab und testete die Hotelbetten und das Essen. Denn Herr Hürzeler schlug nicht nur vor, er vermittelte dem Präsidium kurz vor seinem Tod noch einen kompetenten Ansprechpartner, der nicht nur thematisch die Premiumwahl darstellt, sondern auch in seinen organisatorischen Fähigkeiten wohl besser nicht sein kann. Herr Walter Gabathuler, Autor zahlreicher Schriften zum Festungsraum Sargans, unterbreitete Vorschläge für Unterkünfte und Besichtigungen. Ganz unprätentiös und bescheiden. Selbst das Wetter war so angetan, dass keiner der Beteiligten noch an Zufall glaubte. Der Glaube versetzt eben Berge. Und um Berge geht es in der Schweiz fast immer. Und dass die Löcher haben, liegt nicht nur am Schweizer Käse. Da spielt das Militär eine große Rolle, auch wenn mit der letzten Armeereform die Festungsabteilungen aufgelöst wurden. Dass damit nicht gleich die Festungen aufgegeben wurden, durften alle Beteiligten selbst erleben. Ich verrate schon einmal so viel: Die nicht dabei waren, haben was verpasst. Klar, würde ich auch schreiben, denkt sich der ein oder andere. Doch entscheiden Sie selbst. Ich kann jedoch nur so berichten, wie ich es erlebt habe. Eben subjektiv. Trotzdem: viele der Anwesenden haben sich im Nachhinein sehr positiv über die gelungenen Exkursionen und die perfekte Organisation geäußert. Doch lesen Sie einfach selbst:
Der erste Tag
Schon gleich zu Beginn präsentierte sich ein Vorteil des Exkursionsraums: kurze Wege und daher maximale Verweildauer vor Ort, ohne den Verlust auch nur einer Minute. Die berühmte Schweizer Präzision ist eben nicht nur eine PR-Ansage. Die Abfahrt erfolgte pünktlich um 8:15 Uhr. Dreißig Minuten später empfingen uns vier Herren vom Artillerie Fort Magletsch Verein (AFOM). Ohne Bu-denzauber und Tamtam – die Herren wussten ja, dass nicht Mitglieder eines Angelvereins vor ihnen standen – begann die Besichtigung dieses großen Artilleriewerkes. Die untere Ebene ist noch vom Militär belegt, daher sollten wir zumindest dort nicht fotografieren. Machte auch keiner! Die Soldaten grüßten uns höflich und wir fuhren mit dem Lift hinauf in die zweite Ebene. Danach erfolgte die Besichtigung in zwei Gruppen. Zu sehen gab es alles, denn die Einrichtung ist noch vollständig erhalten. Trotzdem mussten viele Treppen bestiegen werden. Hinauf ging es entlang dem Munitionspaternoster zu einer der 10,5 cm Turmkanonen. Nach den Erläuterungen unserer fachkundigen Führer durften wir Fragen stellen. Gefragt wurde reichlich. Manche Fragen mussten unbeantwortet bleiben. Das ist aber so, wenn Experten auf Experten treffen.
Auf halbem Weg zum Artilleriewerk Magletsch liegt das Festungsgebiet „Schollberg“ mit reichlich Beton im Vorgelände. Hier wurden wir erneut von den AFOM-Mitgliedern vom Vortag empfangen und in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe marschierte zum nahe gelegenen voll ausgerüsteten „Centurion“-Panzerabwehrbunker, der ab 1993 einsatzbereit war und heute zum Verkauf steht. Danach ging es in den Schollberg-Komplex. Dieser Komplex besteht aus drei Teilen, einem Artilleriewerk, einem Infanteriewerk, die beide ausgeräumt und ohne Beleuchtung sind, sowie einer wieder armierten Infanterie-Annexfestung. Diese schauten wir uns an. Im Gegensatz zur Festung Magletsch sind die Kavernen in diesem Werk ohne Beton, was der Geologie des Berges geschuldet ist.
Wieder zurück im Sonnenschein wanderten wir zweihundert Meter zum Infanteriebunker „Rheinau 1“, der zweigeschossig und ebenfalls voll ausgerüstet ist. Dieser Betonmonoblock ist repräsentativ für die über 20 Infanterie-Bunker der Schlüsselfront „Sarganserau“. Danach liefen wir in Richtung Rhein, vorbei an einer gewaltigen Panzermauer zum Infanteriebunker „Rheindamm Nr. 5“, direkt an der Grenze zum Fürstentum Liechtenstein. Wer das Gelände heute betrachtet, darf nicht vergessen, dass während der Bauzeit in den 1940er Jahren hier keine Autobahn und nur wenige Häuser und Gehöfte existierten.
Nach der Besichtigung der „Stauanlage“ zur Flutung der nördlichen Sarganserebene, die aus der Zeit des Kalten Krieges stammt, verabschiedenden wir uns von den Mitglieder des AFOM. Mit dem Bus ging es ins Luzisteig-gebiet. Nach dem Mittagessen im Militärmuseum (Train-Museum) folgte der Besuch einer frühneuzeitlichen Schanze, dann ein kleiner Film über die Militärgeschichte dieses Areals und eine Tour durchs Museum. Abschließend besichtigten wir noch von außen die modernen Anlagen auf der Passhöhe, die von der Schweizer Armee zu Ausbildungszwecken genutzt werden. Rundherum sind ältere Bauwerke zu sehen, die im Nachhinein noch einige Vereinsmitglieder zu einer sonntäglichen „Zusatzexkursion“ animierten. Bei der Rückfahrt bot sich das gleiche Bild wie am Vortag: zufriedene Gesichter.
Bis zum frühen Nachmittag verbrachten wir den Tag im Festungsmuseum Heldsberg. Auch hier wurden wir vom Präsidenten des Vereins, Urs Hermann, empfangen und die Tore der Festung standen für uns offen. Nach einem kurzen Einführungsvortrag ging es diesmal in drei Gruppen zur Objektbesichtigung. Gebildet wurde auch eine „Sportsgruppe“, deren Herausforderung darin bestand, durch einen Notausstieg wieder in die Festung zu klettern, nachdem wir über einen Kampfstand die Festung verlassen hatten. Besonderer Beliebtheit erfreute sich der Blick durch die Zielfernrohre der Waffen. Das war aber schon früher so, als die Festung noch im Dienst war und im nahen Wirtshaus die Tochter des … na, Sie wissen schon!
Das Mittagessen wurde in der Festungskantine einge-nommen. Das Schöne am Essen war, und das galt für alle Restaurants (unser Hotel inklusive), wem es nicht reichte, der erhielt Nachschlag bis es aus den Ohren kam. Am Nachmittag fuhren wir mit unserem Bus hinauf auf den Stoss-Pass, der zwischen Altstätten und Gais zu finden ist. Obwohl, ganz hinauf fuhren wir gar nicht, da die Sperre, bestehend aus vier Betonbunkern und dem Panzerhindernis unterhalb der Passhöhe liegt.
Hier besichtigten wir zwei der Bunker von innen. Wieder komplett ausgerüstet und betrieben von einem Verein, deren Mitglieder sich riesig über unseren Besuch freuten. Zum Abschluss der Exkursion saßen wir noch in der Scheunentarnung des Pak-Bunkers – der Verein hat sich dort eingerichtet – und bekamen kalte Getränke gereicht. Vielleicht noch kurz ein paar Informationen zum Raum der Festung Sargans (FS), die ein ehemaliger Teil des nationalen Réduits war. Mit dem Stand von 1944 gab es insgesamt 12 Artilleriewerke, 15 Infanteriewerke und 150 Infanteriebunker. Die Bewaffnung bestand aus 32 Festungsartilleriekanonen, 320 Festungs-Maschinengewehren und 36 Feldartilleriekanonen. Zudem waren 160 Objekte für die Sprengung vorbereitet. Der Sollbestand betrug 25.000 Mann, davon 13 Infanteriebataillone. Die nüchternen Zahlen können etwas belebt werden durch die Info, dass der Bau der Festungen – d.h. von der Planung bis zur Kampfbereitschaft – meist nicht mehr als ein Jahr in Anspruch genommen hat. Dabei waren die Festungswerke baulich jedoch noch nicht fertig. Ziel war jedoch so schnell wie möglich die Kampfbereitschaft herzustellen.
Alle anderen Einrichtungen konnten danach fertiggestellt werden. Und wenn man bedenkt, dass noch heute einige Festungswerke der Geheimhaltung unterliegen, so ist auch in der Schweiz das Kapitel „Festungen“ noch nicht vollständig ad acta gelegt. Zu sehen gibt es jedenfalls reichlich. Beschwert hat sich keiner.
Am Ende bleibt mir nur noch festzuhalten: Es war eine runde Sache, die alle Teilnehmer und, wie ich erfahren habe, auch die Teilnehmerinnen am Damenprogramm, begeistert hat, trotz der etwas höheren Preise. Alles vor der Haustür zum Aldi-Tarif geht leider nicht.