Die Sicherungsstellung Nord, 1
Ein Geschütz für die Bundesfestung Ulm, 5
Die Abwehrflammenwerfer 112 (r) und 42, 8
Bericht zur Exkursion der Fachgruppe VI (Maginotline) am 16.7.2016, 16
Fachgruppe VIII – Touristik. Studienreise nach Serbien – Warum nicht?, 19
BÜCHER FÜR DEN FESTUNGSFORSCHER, 21
– Verdun. Militärgeschichtlicher Reise– und Tourenplaner
– Unterirdisches Österreich. Vergessene Stollen – Geheime Projekte
– NS–Großanlagen und Tourismus. Chancen und Grenzen der Vermarktung von Orten des Nationalsozialismus
Der Verein Schutzbauten Stuttgart feiert zehnjähriges Bestehen, 24
Geöffnete Bauten, Bauwerke und sonstige denkmalsgeschützte Anlagen anläßlich des ”Tages des offenen Denkmals”, 26
ein neues Festungsrätsel (mit religiösem Einschlag?), 28
Fortifikatorische Tagesausflüge während eines Andalusienurlaubs, 29
Die Sicherungsstellung Nord:
Eine (fast) vergessene deutsche Verteidigungslinie in Dänemark
Text und Bilder M. Holtmann
Die Schützengräben und Befestigungen der Sicherungsstellung Nord wurden ca. 30 km hinter der damaligen deutsch-dänischen Grenze angelegt. Dazu muss man wissen, dass die Grenze zu dieser Zeit weiter nördlich als heute verlief, da Dänemark nach der Niederlage im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 Nordschleswig an Preußen abtreten musste, wodurch sich die deutsch-dänische Grenze nach Norden verschob.Nach dem Ersten Weltkrieg fand in Nordschleswig eine Volksabstimmung statt, in der die Mehrheit der Bevölkerung für den Anschluss an Däne-mark votierte, so dass die Region unter der dänischen Bezeichnung Sønderjylland bis zum heutigen Tag wieder ein Teil von Dänemark ist.
Da es im Ersten Weltkrieg keine britische Invasion über Dänemark ins Deutsche Reich gab, kam es nie zu Gefechten an der Sicherungsstellung Nord. Nach dem Krieg fürchteten die Dänen, die Geschütze der Stellung könnten eines Tages von deutschen Truppen nach einem Einmarsch in Nordschleswig wieder auf dänisches Gebiet gerichtet werden. Man beschloss daher, die gesamte Stellung unbrauchbar zu machen und zerstörte einen Großteil der Anlagen.
Lediglich an Stellen, bei denen zu befürchten war, dass durch die Sprengungen Wohnhäuser oder Bauernhöfe Schaden nehmen könnten, verzichtete man auf die Zerstörung. In einem speziellen Fall bewahrte angeblich ein früher Akt von Denkmalschutz die schwere Batterie Andholm vor ihrer Einebnung. Wie unterschiedliche Quellen berichten, wollte der damalige Grundstückbesitzer die Anlage für die Nachwelt erhalten und verhinderte erfolgreich ihre Schleifung.
Im Zuge der deutsch-dänischen Aussöhnung ab dem Zweiten Weltkrieg scheinen die dänischen Behörden den geschichtlichen Wert der Überreste der ehemals bedrohlichen Sicherungsstellung Nord zu erkennen, so dass man, anders als beim Atlantikwall, die baulichen Überreste gänzlich für die Nachwelt erhalten möchte. Und mehr noch: Auch einen touristischen Wert scheint man den Betondenkmälern mittlerweile beizumessen. Zu fast allen der von mir besichtigten Gebäuden wiesen vor Ort Hinweisschilder den Weg, so dass man selbst abgelegene oder unzugängliche Anlagen sicher erreicht. Auf die zwei schweren Batterien Andholm und Gammelskov machen sogar Straßenschilder aufmerksam, und man kann sein Auto unweit der Batteriegelände auf großzügig dimensionierten Parkplätzen abstellen. Hat man sein Ziel erreicht, gibt eine Infotafel in Dänisch, Englisch und Deutsch Auskunft zur Funktion, Geschichte und den Besonderheiten des jeweiligen Gebäudes oder der Anlage. Leider sind auf den Tafeln die deutschen und englischen Erklärungen im Vergleich zu den dänischen sehr knapp gefasst. Wohl dem, der des Dänischen mächtig ist!
Ziel meiner Besichtigungen waren 13 Objekte, die in der Osthälfte der Verteidungslinie lagen. Die Spannbreite reichte von kleinen Munitionsdepots über Flankierungsgeschützräume, Beobachtungsposten und Mannschaftsräume bis hin zu den zwei schweren Batterien. Die Besichtigung nahm einen Tag von morgens bis zum späten Nachmittag in Anspruch.
Der Zustand der Gebäude war in der Regel gut und der Zutritt ins Innere in allen Fällen frei. In den Räumen konnte man sich gefahrlos bewegen und alles in Ruhe inspizieren. Eine Besonderheit unter den besichtigten Anlagen bildete die Batterie Gammelskov, die aus zwei gepanzerten Geschützen, zwei Doppel-Munitionsräumen und drei Mannschaftsräumen bestand. Sie gehörte zu den größten Batterien der Sicherungsstellung Nord und ist komplett gesprengt. Hat man das Gelände erreicht, erwartet einen daher eine gewaltige Trümmerwüste aus Beton und es bedarf guten Expertenwissens, um noch halbwegs intakte Gebäudeteile zu identifizieren. Das genaue Gegenteil bildet die Batterie Andholm, die zwar keine Geschützstellung mehr hat, deren zwei Mannschaftsräume und Munitionsraum aber hervorragend erhalten sind. Es existieren sogar noch einige Originalteile wie die schweren Ein-gangsstahltüren und Schartenplatten der Nahverteidi-gungsöffnungen.
Für eine Besichtigung der Anlagen der Sicherungsstellung Nord sollte man eine Taschenlampe und Gummistiefel dabei haben, da es im Inneren der Gebäude stellenweise dunkel ist und sich auf dem Boden teilweise Regen- oder Grundwasser angesammelt hat. Trotz der Beschilderung vor Ort ist es ratsam, sich im Vorfeld gut über die Lage und Anfahrt zu den Anlagen zu informieren, um sicher zum Ziel zu gelangen. Die unten angegebenen Internetseiten bieten hierbei eine große Hilfe.
Neben der Sicherungsstellung Nord bietet Nordschleswig militärhistorisch Interessierten zwei weitere Sehenswürdigkeiten, die sich mit einem Besuch der Festungslinie kombinieren lassen. Es handelt sich dabei um das Zeppelin- und Garnisonsmuseum in Tønder und das ehemalige Internierungslager Frøslev, dicht hinter der Grenze bei Flensburg.
Das Zeppelinmuseum befindet sich auf dem Gelände eines Luftschiffhafens, der zu Beginn des Ersten Weltkrieges an dieser Stelle errichtet worden war und zu den größten im Deutschen Reich zählte. Die hier stationierten Zeppeline wurden vor allem für die Seeaufklärung über der Nordsee eingesetzt.
Kernstück des Luftschiffhafens waren drei riesige Luftschiffhallen, die nach dem Ersten Weltkrieg allerdings abgerissen wurden und von denen heute nur noch die Fundamente existieren. Diese sind, wie die Internetseite des Museums stolz verkündet, einzigartig, da "kein anderes Zeppelin-Museum in Europa noch über Reste eines ehemaligen Luftschiffhafens in seiner Nähe verfügt."
Das Museum zeigt Ausstellungsstücke rund um die Ge-schichte des Luftschiffhafens. Außerdem ist ein Modell der Anlage zu sehen. Zu besichtigen sind zudem das frühere Gaswerk, die Fliegerhalle, ein Fernheizungsgebäude sowie der ehemalige Munitionsbunker.
Das Internierungslager Frøslev ist das einzige seiner Art, das die Nationalsozialisten während der Besatzungszeit in Dänemark errichteten. In dem Lager waren ab der Fertigstellung im August 1944 bis zur deutschen Kapitulation im Mai 1945 insgesamt 12.000 Däninnen und Dänen inhaftiert, hauptsächlich WiderstandsaktivistInnen. Nach dem Krieg nutzen die dänischen Behörden das Lager zur Inhaftierung von Kollaborateuren mit den Deutschen.
Heute befinden sich in zwei der Baracken und dem zentralen Wachturm Ausstellungen, die den damaligen Lageralltag und die Lebensbedingungen der Inhaftierten greifbar machen. In den anderen Baracken präsentieren sich u. a. Amnesty International und der dänische Zivilschutz.
Bemerkenswert ist, dass in einigen der Lagergebäude eine weiterführende Schule für junge Däninnen und Dänen untergebracht ist, in der, wie es eine Informationsbroschüre formuliert, "die Schlüsselworte Freiheit, Verantwortung und gegenseitige Rücksicht sind und Verständnis für die Natur, Kultur und Geschichte der Umgebung vermittelt wird." Welch ein Wandel und welch eine hoffnungsvolle neue Bestimmung für einen solchen aus der Vergangenheit belasteten Ort!
Nachdem sich das Verhältnis zwischen Dänen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem respekt- und friedvollen Miteinander entwickelt hat, ist davon auszugehen, dass die lokalen Überreste aus der konfliktreichen Vergangenheit museale Erinnerungsstücke bleiben und die Region ihren idyllischen und friedlichen Charakter für die kommenden Generationen bewahren kann.
www.sikringsstillingnord.dk
www.verdenskrigensspor.dk
www.team-schack.dk
www.fortress-scandinavia.dk
Zum Internierungslager Frøslev: www.froeslevlejrensmuseum.dk
Zum Zeppelinmuseum Tønder: www.zeppelin-museum.dk
Gerne stelle ich Interessierten alle Fotos, dich während der Besichtigung gemacht habe, zur Verfügung. Entsprechende Anfragen bit-te an den Geschäftsführer des Studienkreises Interfest e.V.