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Reiseberichte

Westwalltagung

Reisebericht über die Westwalltagungen mit Exkursionen in Rheinland-Pfalz, über Privatexkursionen zum Westwall in der Nordeifel und im Raum Aachen, über den Besuch der Ordensburg Vogelsang sowie die Westwalltagung in der Universität Bonn.

Westwalltagungen mit Exkursionen in Rheinland-Pfalz.
 
Die drei Westwalltagungen der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz sollten das Thema "Westwall" aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Mein Beitrag war ein Vortrag zur Einordnung des Westwalls in die moderne westeuropäische Festungsgeschichte. Die Exkrsionen führten zu Westwallmuseen in Rheinland-Pfalz und zeigten die Objekte, die heute den Westwall museal vermitteln.

Die erste Exkursion führte ins Westwallmuseum von Bad Bergzabern, einer ehemaligen Artilleriekasematte mit Maulscharte, in die verschiedene Feldgeschütze eingebracht werden konnten. Die Anlage besteht aus mehreren Kasematten und ist ein seltenes Beispiel für verbunkerte Artillerie im Westwall. Das Museum besteht aus der Kasematte selbst, einer davor aufgebauten Panzerkuppeln sowie einer Vielzahl von Exponaten, die im Museum ausgestellt werden. Diese mit viel Fleiß gesammelten und hergerichteten Exponate sind auch neben der Kasematte und ihrer Funktion der Hauptgegenstand der Führung durch das Museum.

In die zweite Exkursion führte ins Westwallmuseum "Gerstfeldhöhe" bei Pirmasens, einer unfertigen Stollenanlage. Ursprünglich nach dem Vorbild des Ostwalls geplant, sollten im Hinterhang Zugänge, Kasernen und Lagerräume unterirdisch gebaut werden, während eine Etage höher die verschiedenen Kampfstände im Vorfeld unterirdisch verbunden werden sollten. Die unterschiedlichen Höhenlagen sollten durch einen Aufzug verbunden werden. Von dieser Gesamtanlage ist nur wenig realisiert worden. Die Lager- und Kasernenräume wurden nur teilweise realisiert und auch nicht vollständig ausgebaut. Der Aufzugschacht wurde aus dem Fels gebrochen, der Aufzug jedoch nie eingebaut. Die unterirdische Verbindung zu den Kampfständen im Vorfeld wurde nicht realisiert. Insgesamt ist von den umfangreichen Planungen nur ein kleiner Teil tatsächlich realisiert worden.

Das Museum besteht aus den realisierten Teilen des Stollensystems Gerstfeldhöhe und aus Exponaten. Die Exponate sind zum erheblichen Teil Großgeräte wie Fahrzeuge und Geschütze, jedoch auch in sich geschlossene, kleine Sammlungen, wie die Munitionssammlung eines Kampfmittelräumers oder eine kleine Sammlungen zur Geschichte des Gasschutzes. Auch wurde ein typischer Westwallbunker aufgeschnitten nachgebaut und mit Ausstattungsgegenständen und Schaufensterpuppen versucht, die Lebensumstände im Bunker nachvollziehbar zu machen. Modelle zu verschiedenen Regelbauten ergänzten die Sammlung. Vor dem Eingang des Museums standen einige Panzer sowie der Turm eines Panther-Panzers, behelfsmäßig eingebaut in eine Feldstellung. Mit dieser Nutzung des Panther-Panzerturms wurde 1944 versucht, den Westwall zu verstärken.

Die Führung im Museum wurde durch die Exponate bestimmt, die jeweils mit ihren Hintergründen, insbesondere mit ihrem Weg ins Museum, erläutert wurden. Auch die Anlage selbst wurde erläutert, so beispielsweise die Rolle eines nicht ausgebauten Stollens als Luftschutzstollen für die Zivilbevölkerung.

Die dritte Exkursion führte ins B-Werk Katzenkopf bei Irrel. Dieses teilweise gesprengte B-Werk hatte als Besonderheit eine außen liegende Panzerkuppel mit unterirdischem Zugang sowie ein kurzes Stollenstück, von dem aus eine nicht realisierte Verbindung zum darunter liegenden Eisenbahntunnel geplant war. Das Werk wurde von der Freiwilligen Feuerwehr Irrel ausgegraben, gesichert und als Museum hergerichtet. Dabei ist überwiegend das Werk selbst das Museum, die wenigen Exponate sind kleine Sammlungen von Festungsteilen sowie einigen Bomben und Geschossen, die im Stollen ausgestellt sind. Durch die Sprengung ist die obere Etage zerstört und die Panzerkuppeln fehlen.

Die Führung erläutert das Gebäude, seinen Aufbau und seine Funktion sowie seine Geschichte mit den Kämpfen um das Werk. Teile der Maschinenanlage wie die Abwasserhebeanlage sind noch vorhanden, wenn auch stark verrostet. Die fehlenden Panzerkuppeln sind bei der Renovierung des Werks aus Beton nachgebildet worden.

Auf dem Museum befindet sich ein Denkmal des Infanterie-Regiments 39 aus Düsseldorf, die auch einen Traditionsraum im Werke haben.
 
Literatur zum Katzenkopf: Beiträge zur Geschichte des Bitburger Landes - Band 14 ISSN: 0939-0189
 
Die dritte Tagung fand selbst an einem Ort statt, der unmittelbar mit dem Westwall zu tun hatte. Im SS-Sonderlager Hinzert wurden Westwallarbeiter, die sich der rigorosen Arbeitspflicht und Arbeitsdisziplin nicht fügen wollten, terrorisiert und gefügig gemacht. Ein Museumsgebäude, in dem auch die Tagung stattfand, zeigt die Geschichte des Lagers und der Menschen, die in ihm gequält wurden.


Privatexkursionen zum Westwall in der Nordeifel und im Raum Aachen

 
Literatur: „Der Westwall. Vom Denkmalwert des Unerfreulichen“ Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege; 2 Bände (Text- und Kartenband); ISBN 3-7927-1668-2. Die im Text genannten Nummern sind die Objektnummern dieses Buches.

Das Buch ist eine große Hilfe, wenn man die wenigen noch erhaltenen Relikte des Westwalls in Nordrhein-Westfalen finden will. Wegbeschreibungen und Karten zu den genannten Objekten finden Sie dort.
 
Die Exkursionen in die Nordeifel und im Raum Aachen (Grenze bei Vaals) dienten dazu, mir einen Eindruck über die Menge der noch vorhandenen Relikte des Westwalls zu verschaffen, einige seltene Teile des Westwalls in Augenschein zu nehmen und die Einbettung des Westwalls in die Landschaft besser verstehen zu können.

Das erste besuchte Objekt war der Artilleriebeobachtungsstand zwischen Schleckheim und Nütheim (Nummer 34). Der Bunker ist sehr schlecht zu finden, stark vermüllt und einfach aufgebaut. Das Beeindruckendste an ihm ist seine Lage. Von seiner Beobachtungsscharte aus kann man das Gelände bis zu den Bergen der Nordeifel überblicken.

Das nächste besuchte Objekt war die fünfzügige Höckerlinie im Bereich des Weges Kinkebahn (Nummer 27/1). Unmittelbar am Weg ist die Höckerlinie frei von Büschen und Bäumen und kann daher einschließlich der Fundamente gut eingesehen werden. Was in der Landschaft vielleicht noch als ein Band kleiner "Drachenzähne" wirkt, das zeigt sich hier aus der Nähe als beeindruckend große Betonpyramiden, die noch verblüffend gut erhalten sind. Allein die Materialmengen, die in jeden Meter Panzerhindernis geflossen sind, waren immens. Auf der Feindseite des Panzerhindernisses kann man sogar einige Meter weiter einige der Eisenpfähle erkennen, die frühere das Drahthindernis trugen.

Das nächste Ziel war die Höckerlinie an der Dreilägerbachtalsperre, wo sie auf einer Brückenkonstruktion den Gölisbach überquert (Nummer 25). Man muss sich der Anlage von der Waldseite (Steilhang) nähern, da die Talseite Privatgelände ist. Die großen verarbeiteten Betonmengen der Bachquerung sollten dafür sorgen, dass das Panzerhindernis an dieser Stelle für Panzer undurchdringlich war, jedoch das Wasser durchließ. Die Anlage ist noch sehr gut erhalten und zeigte den erheblichen Aufwand, mit dem das enge Tal gesperrt werden sollte.

Weiter ging es in Richtung Lammersdorf, wo mitten in den Feldern noch die Reste einer Panzerschranke (Nummer 13/7) zu sehen sind. Diese Schranken dienten neben den ansteigenden Trägersperren dazu, Lücke in den Panzerhindernissen, die durch Feldwege oder Straßen verursacht wurden, schnell und wirksam schließen zu können. Eine dieser Schranken ist hier noch mit ihren Widerlagern für den geöffneten und den geschlossenen Zustand erhalten, wenn auch etwas verbogen. In der Regel wurden diese Schranken im Dreierpack eingebaut. Vom Ort der Schranke nach Süden blickend suchte man den Westwall vergebens, da das Panzerhindernis hier zugeschüttet wurde und unter der Wiese liegt. Weiter nach Süden jedoch liegt es wieder frei, von Büschen bewachsen. Nach einer Bachquerung im Tal hat man dann auf dem Hang einen schönen Panoramablick auf ein größeres Stück Panzerhindernis, welches freigeschnitten mitten durch eine Wiese läuft.

Weiter ging es zum Eifelkreuz, einem früher schwer befestigten Stützpunkt, der das Tal mit der von Monschau kommenden Straße blockierte. Heute ist von den vielen Bunkern, teilweise mit Panzerkuppeln, nichts mehr zu sehen. Große Teile des Panzerhindernisses (Nummer 13/4) sind jedoch noch vorhanden und ziehen sich vor dem Ort Simmerath-Paustenbach durch die Wiesen. Das große Eifelkreuz auf der Spitze des Hügels erinnert an die schweren Kämpfe beim Angriff der Amerikaner auf diese Stelle des Westwalls. Die dominierende Lage der Befestigungen auf dem Hügel ermöglichte einen weiteren Blick Richtung Monschau und beherrschte die Umgebung.

Das nächste Ziel war die Bunkergruppe im Buhlert (Nummer 19/1-4). Es handelt sich dabei um einen Doppelgruppenunterstand sowie zwei Gruppenunterstände, jeweils mit angehängtem Kampfraum, sowie eine MG-Kasematte mit Schattenplatte. Schartenplatte, Panzertüren und Einbauten fehlen jedoch vollständig. Die Bunker sind typische Exemplare des Limes-Programms, mit dem auf Befehl Hitlers im Sommer 1938 11.800 Bunker in vier Monaten gebaut werden sollten. Dabei sind zwei Vergleiche interessant. Im Vergleich zu einem B-Werk oder gar einem Werk der Maginotlinie kann man diese Bunker kaum als Festungswerk bezeichnen. Jedoch gibt es interessante Parallelen zu den Betonbunkern des Ersten Weltkriegs in Flandern (siehe dazu auch den Reisebericht über die AKM-Exkursion nach Ypern 2006). Diese Art von Bunkern ist ein weiteres Indiz für die Prägung Hitlers durch das Erleben des Ersten Weltkriegs in Flandern.

Die Unterstände konnten nur ihre eigenen Eingänge unter Feuer nehmen, der angehängte Kampfstand war nur von außen zu erreichen, hatte relativ dünne Betonwände und war mit seiner frontalen, großen, offenen Maulscharte von nur geringem Kampfwert. Der Kampf sollte draußen in den Schützengräben gefochten werden, so dass man bei diesem Teilen des Westwalls eigentlich nicht von einer Festung, sondern nur von einem vorbereiteten Gefechtsfeld für den Stellungskrieg sprechen kann.

Die Bunkergruppe ist eine der wenigen Gelegenheiten, im Bereich der Nordeifel unzerstörte Bunker zu sehen. Der Doppelgruppenunterstand liegt durch Rodungen inzwischen auf einer Lichtung. Umfangreiche Rodungen in diesem Waldgebiet machen auch zerstörte Bunker sichtbar. Wenn man von den Fischteichen zu der Windkraftanlage auf dem Hügel aufblickt, so findet man oben am Waldrand die Trümmer eines gesprengten Bunkers. Damit wird deutlich, dass diese Bunkergruppe ursprünglich einmal aus viel mehr Anlagen bestanden hat.

Das letzte Ziel an diesem Tag war der Wasserbunker (Hochbehälter) bei Jägerhaus (Nummer 22). Mitten im dunklen Wald öffnet sich unvermittelt ein circa 8 m tiefer, gemauerter Graben, in den eine Treppe hinunter führt. Der Wasserbunker ist komplett unterirdisch angelegt, nichts deutet auf der Oberfläche auf ihn hin. Bei etwas Nebel würde man ihn glatt übersehen und in den Graben stürzten. Vom Graben aus führen zwei Eingänge zu den Wasserreservoirs im Gebäude. Da der Graben überflutet war, konnte ich das Gebäude nicht betreten. Die Anlage scheint heute als Löschungswasserbehälter bei Waldbränden benutzt zu werden, ein entsprechender Anschluss ist vorhanden. Die Anlage zeigt, dass der Wasserversorgung beim Bau des Westwalls eine erhebliche Bedeutung beigemessen wurde.
 
 

Ein weiteres Exkursionsziel waren die Panzermauern bei Aachen, unmittelbar an der niederländischen Grenze in der Nähe von Vaals.

Die Mauer am Wachtelkopf (Nummer 41/1) ist dabei nach meiner Einschätzung weniger eine Panzermauer als ein Sichtschutz und eine Infanteriedeckung. Hier standen zwei inzwischen gesprengte Bunker vor dem Steilhang. Damit diese gedeckt erreicht werden konnten, war die dortige freistehende Betonmauer als Sichtschutz und Deckung notwendig. Dafür spricht auch, dass hinter der Mauer ein Schützenauftritt mitbetoniert wurde und die Mauer nicht hinterfüllt ist. Der Steilhang ist im Bereich der relativ kurzen Mauer so steil, dass er als Panzerhindernis allein ausgereicht hätte. An dieser Mauer sind auch noch Stützen für das überhängende Drahthindernis zu erkennen.

Die Mauer am Schneeberg (Nummer 41/2) hingegen ist eindeutig als Panzermauer anzusehen, da sie den sanften Anstieg auf den Schneeberg auf 340 m Länge mit einem 3,7 m hohen Hindernis unterbricht. Am von Aachen kommenden Weg geht die Panzermauer in ein Höckerhindernis über, der Weg selbst war durch eine Schrankensperre gesichert, von der noch ein Widerlager vorhanden ist.

An dieser Stelle verläuft der Westwall unmittelbar an der Grenze zu den Niederlanden, am Wachtelkopf nur wenige Meter von der Grenze entfernt. Vom Schneeberg aus geht der Blick einige Kilometer tief in die Niederlande hinein, die Straße von Maastricht nach Aachen kann sehr gut eingesehen werden.
 
 

Besichtigung der nationalsozialistischen Ordensburg Vogelsang

Im Dritten Reich wurde Vogelsang als Kaderschule für den nationalsozialistischen Führernachwuchs gebaut, jedoch nicht fertig gestellt. Bis vor kurzem lag die Anlage mitten in einem belgischen Truppenübungsplatz und war Sperrgebiet. Heute kann die Anlage besichtigt werden. Für die Besucher werden Führungen angeboten, die den Aufbau der Anlage, die Bau- und Nutzungsgeschichte im Dritten Reich sowie nach dem Krieg erläutern. Eine kleine Ausstellung zu Vogelsang und weiteren "Eifel-Ikonen", zu denen auch der Westwall gehört, sowie eine Cafeteria sind vorhanden.

Die Führung erläuterte nicht nur die Funktion der sichtbaren Anlagenteile, sondern stellt auch die gigantischen Planungen vor, die durch den Zweiten Weltkrieg nicht mehr realisiert werden konnten. So war ein riesiges "Haus des Wissens" ebenso geplant wie eine gigantische Sporthalle. Und dies alles in der Abgelegenheit der Eifel! Auf einem Hörsaalfundament des "Haus des Wissens" wurde in den fünfziger Jahren ein Kinosaal für 1000 Zuschauer gebaut, wir heute praktisch unverändert unter Denkmalschutz steht.

Den besten Einblick in das Leben des Führernachwuchses auf Vogelsang vermitteln zum Einen die umfangreichen Sportanlagen, die sich am Fuße des Hangs zum Urftsee erstrecken. Zum Anderen ist die Burgschänke noch weitgehend originalgetreu erhalten, sie vermittelt einen interessanten Einblick in die Festkultur auf Vogelsang.

Die Auswahl des Führernachwuchses erfolgte unter Anderem nach dem Kriterium, ein "ganzer Kerl" zu sein. Dass dies in vielen Fällen nicht ausreichte, um die intellektuellen Anforderungen der Ausbildung zu bewältigen, zeigte sich dann in der Praxis. Bevor man jedoch gezwungen war, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen, begann der Zweite Weltkrieg. Kein einziger Teilnehmer schloss die vorgesehene Ausbildung in den Ordensburgen ab, wie zu erwarten, wurden sie jedoch fanatische Soldaten, von denen der größte Teil fiel.

Vogelsang soll zukünftig als Museum weiter ausgebaut werden, auch ist in der Diskussion, hier ein zentrales Westwall-Museum einzurichten. Die Räumlichkeiten dazu scheinen vorhanden, nach meiner Einschätzung eignet sich der Ort dafür auch besonders gut, da so die Gigantomanie und Rücksichtslosigkeit im Technischen mit der im Menschlichen an einem Ort verbunden werden kann.

Ein schönes Beispiel für das heutige Denken in europäischen Dimensionen, insbesondere in der Euregio Aachen, Lüttich, Maastricht, war die Tatsache, dass die deutsche Führung, an der ich teilnahm, von einem Niederländer durchgeführt wurde.
 
 

Westwalltagung in der Universität Bonn

Die Tagung "Zukunftsprojekt Westwall. Wege zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Überresten der NS-Anlage" fand am 3. und 4.5.2007 in der Universität Bonn statt. Veranstalter waren die Gesellschaft für interdisziplinäre Praxis e. V., der Arbeitskreis für Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa e. V., der Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW e. V., der Landschaftsverband Rheinland und die Konejung-Stiftung.

Einen zusammengefassten Tagungsbericht finden Sie unter:
 
Die Tagung hinterließ bei mir einen zwiespältigen Eindruck.

Auf der einen Seite beeindruckten Referenten durch ihre verschiedenartigen und auch neuen Herangehensweisen an die Problematik des Westwalls, allen voran Herr Dix, der den faszinierten Zuhörern erläuterte, wie im Schatten des Westwallbaus und der Evakuierungen siedlungspolitische NS-Vorstellungen umgesetzt wurden. Da die NS-Ideologie größerer und leistungsfähigerer Höfe wollte, fand mancher Bauer nach seiner Rückkehr seinen Hof abgerissen vor. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde diesen Menschen klargemacht, dass man für sie eine Zukunft im früheren Polen oder noch weiter östlich vorgesehen hatte.

Auf der anderen Seite wurden die Menschen, die sich heute, oft neben ihrem Beruf in ihrer Freizeit, mit dem Westwall beschäftigen, ihn erhalten und museal nutzbar machen, massiv und pauschal diffamiert. Aussagen wie "die sind entweder rechts oder dumm" oder "die gehören entschädigt" (das bedeutet "enteignet") entlarven die, die sich derart undifferenziert äußern. Im Umfeld des Vortrags von Herrn Dix erneut Enteignungen im Westwall zu fordern zeugt nicht von besonderer Sensibilität.

Der überwiegende Teil der Meinungsbildner war von der Sorge getrieben, dass vom Westwall irgendwelche Faszination auf die Menschen ausgehen könnte. Diese gelte es um jeden Preis zu brechen. Dabei wurde jedoch völlig übersehen, dass sich ohne diese Faszination die Menschen nicht mit dem Westwall beschäftigen würden. Dann kann man die Menschen aber auch nicht erreichen und ihnen nichts vermitteln.

Allgemeine und richtigerweise wurde bemängelt, dass es seitens der professionellen Historiker an Beschäftigung mit dem Westwall und einschlägiger Forschung mangelt. Daher wurde auch zu Recht kritisiert, dass viele privat betriebene Museen ihre Bunker und die mit der Zeit zusammengetragene Exponate in den Mittelpunkt stellen und deren Faszination wirken lassen. Die Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen kommt dabei allerdings zu kurz.

Bei der abschließenden Diskussion wurde daher auf dem Podium auch allseits gefordert, dass in den Westwall mehr Forschungskapazität und professionelle historische Unterstützung investiert werden muss. Allerdings sahen alle Beteiligten dieser Aufgabe beim jeweils anderen angesiedelt. Vollends absurd wurde die Situation, als ein junger Betreiber eines Westwallmuseums im Saarland (er bezeichnete sich übrigens völlig zu Recht als intelligent!), der die Problematik der fehlenden historischen Unterstützung bereits am eigenen Leib erlebt hatte, den versammelten Sachverstand im Saal um Unterstützung beim weiteren Aufbau seines international vernetzten Museums bat. Die Reaktion auf dem Podium war Ratlosigkeit, man hatte wohl damit gerechnet, sich mit der Fragestellung nur theoretisch und unpersönlich, jedoch nicht praktisch und persönlich auseinander setzen zu müssen. Ich habe diese Ratlosigkeit des Podiums in meinem Abschlussstatement thematisiert und der Hoffnung Ausdruck gegeben, das nun hoffentlich alle Beteiligten die Notwendigkeit einer abgestimmten Lösung erkannt haben und man sich vielleicht in einem halben oder einem Jahr wieder treffen könne, um dann, nach zwischenzeitlicher Klärung von Mittelbereitstellung, Zuständigkeit und Länderkooperation, über konkrete Schritte zur Verbesserung der musealen Situation des Westwalls unter Einbeziehung der heute bereits aktiven Menschen zu diskutieren.
 
Fazit
 
Der Westwall als Ganzes ist heute für die Menschen nicht fassbar und nur schwer begreiflich zu machen. Der Grund ist neben seiner schieren Größe seine weitgehende Zerstörung unmittelbar nach dem Krieg, bis heute fortgesetzt. Übrig geblieben sind in der Regel mehr oder weniger erhaltene, singuläre Objekte. Umfangreichere Relikte wie die Bunkergruppe im Buhlert oder die Höckerhindernisse rund ums Eifelkreuz oder um Lammersdorf sind selten, speziell in den Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Im Saarland stellt sich die Situation anders dar, wie ich auch u. A. in meinem Reisebericht zum Westwalltag 2006 dargelegt habe.

Der Bund als Eigentümer vieler Westwallobjekte kümmert sich primär um ihre Zerstörung oder Übererdung. Die Bundesländer, ausgestattet mit der Kulturhoheit, haben den Westwall als geschichtlichen Ort bisher oft ignoriert. Eine rühmliche Ausnahme ist hier das Land Nordrhein-Westfalen mit der Veröffentlichung des rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege. In diese Lücke sind nun Privatleute gestoßen, manchmal unterstützt von den Kommunen, die oft mit regional- oder ortsgeschichtlicher Motivation einzelne Bauwerke des Westwalls dem Vergessen entreißen. Diese Menschen sind in der Regel keine Historiker und erhalten auch keine historische Unterstützung. Sie mieten ihre Objekte vom Bund an, der froh ist, die Verkehrssicherungspflicht los zu sein und eine kleine Mieteinnahme zu erzielen. Wenn sie Unterstützung von ihrer Kommune erhalten, dann oft aus ortsgeschichtlichen oder touristischen Gründen.

Meine Exkursionen im Gelände und meine Museumsbesuche haben mir gezeigt, dass diese Situation ein Faktum ist, welches man als Ausgangslage einfach hinnehmen muss. Und da wir nicht in einem totalitären Staat leben, haben auch die Radikallösungen der vorgeblich Wohlmeinenden zum Glück keine Realisierungschance.

Für eine sinnvolle und gesellschaftlich akzeptable Lösung sollte man die bereits heute in den Westwall involvierten Menschen dort abholen, wo sie stehen. Sie haben mit viel Engagement, Fleiß und Geld etwas aufgebaut. Die betroffenen Länder als Träger der Kulturhoheit sollten sich zusammentun und dort Unterstützung anbieten, wo Defizite beseitigt werden sollten. Diese sehe ich gegeben bei der übergreifenden Erforschung und Darstellung der Westwallgeschichte, die ja für alle Orte die Gleiche ist, bei der Forschungsunterstützung für regional- und ortsgeschichtliche Fragestellungen, bei der didaktischen Ausbildung des Führungspersonals und bei der museumspädagogischen Gestaltung von Ausstellungen. Dabei sollte man allerdings genug Augenmaß bewahren, um die im Westwall tätigen Menschen nicht mit professioneller Besserwisserei zu erschlagen und zu vergraulen. Denn das, was Bürger hier ehrenamtlich leisten, kann sich der Staat in Eigenregie finanziell heute nicht mehr leisten.

Abschließend noch eine Bemerkung über die Erfahrung, dass die Welt außerhalb des Tellerrands oft anders aussieht, als man sie sich im Teller vorstellt. Nach meiner Erfahrung muss man in Deutschland, wenn man sich mit Militärgeschichte beschäftigt, damit rechnen, in eine rechte Ecke gedrängt zu werden. Bemerkungen wie "rechts oder dumm" oder der Vorwurf, man habe sich nicht ausreichend mit den Opfern beschäftigt, sind schnell gemacht. Allerdings geschieht dies nur in Deutschland! Im ehemals feindlichen Ausland hingegen, wo heute diese Opfer und ihren Nachfahren leben, wurde ich stets besonders freundlich empfangen, wenn den Menschen dort klar wurde, dass ich mich mit Militärgeschichte beschäftige und damit mit der gemeinsamen Geschichte, die uns früher zu Feinden gemacht hatte.


Werner Schmachtenberg

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